Boom oder Flaute- Sylter Gewerbeimmobilien im Fokus – Sylter Immobilienserie

Im dritten Teil unserer Sylter Immobilienserie sprechen wir mit Michael Beyer von Dau & Beyer Immobilien, einem erfahrenen Sylter-Immobilienmakler.

1. Wie hat sich der Markt für Laden- und Gastroflächen auf Sylt in den letzten Jahren entwickelt, und welche Faktoren beeinflussen die aktuelle Situation am stärksten?

Entgegen der allgemeinen Wahrnehmung hat sich der Retailmarkt konstant entwickelt. Den oftmals in der Presse und den sozialen Medien dargestellte Leerstand hatten wir vor 10 Jahren auch, man muß außerdem anmerken das viele der als leer wahrgenommenen Fläche bereits neu vermietet wurden.

Es gibt aber durchaus Veränderungen in den letzten Jahren. Als ich vor 20 Jahren begonnen habe Ladenflächen zu vermieten war es absolut üblich mind.10 Jahres Verträge abzuschließen, ggf. mit Verlängerungsoption. Heute sprechen wir von Vertragslaufzeiten von maximal 5 Jahren, oftmals sogar mit einer Ausstiegsklausel nach 2 oder 3 Jahren.


Die Mieten sind bis zum Beginn der Pandemie konstant gestiegen, zuletzt auf bis zu 100 EUR / m2 im besten Bereich der Friedrichstraße zwischen Maybachstraße und Elisabethstraße, ebenso in Kampen und Keitum. Dies ist heute nicht mehr zu erzielen, ich sehe hier heute einen Mietzins von ca. 80 EUR / m2 je nach Größe für realistisch.

Eine große Herausforderung ist sicherlich der Wohnraum für die Mitarbeiter, bei fast allen Neuanmietungen von überregionalen Händlern sind wir bei der Beschaffung von Personalwohnungen behilflich.

Die Indexierung in den Mietverträgen war lange Zeit kein Thema , wurde beim Anstieg der Inflation für viele Mieter zu einem ersthaften Problem.

Im Gastrobereich stehen wir vor anderen Herausforderungen, zum einen ist der Investitionsbedarf bei Neueröffnungen wesentlich größer als bei Retailflächen. Aufgrund der Kostenstruktur (WE und Personal) kann ein Gastronom nicht die Miete eines Einzelhändlers bezahlen. Um kostendeckend zu wirtschaften darf die Miete für einen solchen Betrieb nicht höher als 10% vom Nettoumsatz sein. Leider gibt es z. Zt. keine entsprechend großen Flächen für die Systemgastronomen.

Geschäftsführender Gesellschafter bei Dau & Beyer  Immobilien Gmbh
Michael Beyer, geschäftsführender Gesellschafter bei Dau & Beyer Immobilien GmbH

2. Welche Branchen oder Geschäftsfelder zeigen aktuell die größte Nachfrage nach Gewerbeimmobilien auf Sylt, und wie stark ist der Einfluss des Tourismus auf diese Nachfrage?


Der Tourismus hat den größten Einfluss auf die Einzelhandelswelt hier auf unserer Insel. 

Das wird durch die beindruckenden Einzelhandelskennzahlen deutlich, Sylt liegt hier unter den Top 3 in Deutschland (nach München und Starnberg).


Die Vielzahl von inhabergeführten Ladengeschäften ist doch großartig und sucht seinesgleichen. Eben nicht die typisch deutsche Innenstadt. Aktuell zeigen insbesondere die folgenden Branchen und Geschäftsfelder eine große Nachfrage nach Gewerbeimmobilien wobei der Focus auf Westerland liegt, da wir hier mittlerweile nur noch 8 – 10 Wochen (November bis Mitte Dezember und von Mitte Januar bis zur Bike) eine weniger starke Frequenz haben.

1. Gastgewerbe und Gastronomie sind stark nachgefragt, jedoch fast ausschließlich in Westerland. Die Touristenströme während der Hauptsaison treiben die Nachfrage nach gastronomischen Angeboten erheblich an. Leider fehlen hier momentan entsprechend große Flächen für Systemgastronomen.

2. Einzelhandel: Besonders in den 1a- Lagen gibt es eine hohe Nachfrage nach Einzelhandelsflächen, die Nachfrage nach 1b-Lagen ist trotz günstigeren Mieten z.Zt. eher verhalten.

3. Wie wirken sich gestiegene Baukosten, Zinsen und verschärfte Energiestandards konkret auf die Verfügbarkeit und Preisgestaltung von Gewerbeimmobilien aus?

1. Gestiegene Baukosten: Höhere Material- und Arbeitskosten führen dazu, dass Neubauprojekte teurer werden. Dies führt dazu, dass weniger Bauprojekte realisiert werden.


2. Zinsen: Steigende Zinsen haben die Finanzierung von Immobilienprojekten erheblich verteuert. In Folge dessen sind wenige Investoren bereit sind, zu Kaufpreisfaktoren von über 22 in Gewerbeimmobilien zu investieren. Aktuell liegen die Kaufpreisfaktoren zwischen 12 und 19 ( bei Top Objekten mit einer Vermietungsquote von 100%). Des weiteren könnten bestehende Eigentümer Schwierigkeiten haben, ihre Immobilien zu refinanzieren.

3. Verschärfte Energiestandards: Diese Standards erfordern oft zusätzliche Investitionen in die Energieeffizienz von Gebäuden. Dies erhöht die Baukosten und könnte potenzielle Käufer oder Mieter abschrecken. Das Preisniveau für Objekte mit nötigen Investitionen hat sich überproportional angepasst.


4. Fehlt es Sylt an innovativen Geschäftskonzepten, oder wird das Potenzial der Insel durch kreative Ansätze bereits optimal genutzt?“ ́

Die Frage, ob hier an innovativen Geschäftskonzepten fehlt oder ob das Potenzial der Insel bereits optimal genutzt wird, ist vielschichtig. Einerseits hat Sylt eine lange Tradition als beliebtes Reiseziel, was bedeutet, dass viele bestehende Geschäftskonzepte gut etabliert sind und auf die Bedürfnisse der Touristen ausgerichtet sind. Diese Konzepte sind oft bewährt und ziehen regelmäßig Besucher an.

Andererseits könnte man argumentieren, dass es in einem sich ständig verändernden Markt wichtig ist, neue und kreative Ansätze zu entwickeln, um sich von anderen Destinationen abzuheben und den sich wandelnden Bedürfnissen der Gäste gerecht zu werden. Innovative Geschäfts- und Gastronomiekonzepte, die beispielsweise nachhaltige Praktiken, digitale Lösungen oder einzigartige Erlebnisse bieten, könnten das Angebot auf Sylt bereichern und neue Zielgruppen ansprechen.

Wir bemühen uns aktiv und fortlaufend Marken und Unternehmen von dem Standort Sylt zu überzeugen um einen kleinen Beitrag zu leisten diesen Standort noch attraktiver zu machen. 


So sind Denns Biomarkt nach Tinnum, Moorer nach Kampen oder Patek Philippe nach Keitum gekommen.

Immobilien Team Dau und Beyer
v. l. n.r Martin Dau, Markus Eckert, Michael Beyer und Daniel Heim.

5. Wie unterstützen Sie Unternehmen dabei, die passende Gewerbefläche zu finden, und welche Rolle spielen dabei Ihre lokalen Netzwerke?

Unser Alleinstellungsmerkmal ist sicherlich die absolute Spezialisierung auf den Gewerbebereich. Wir können unseren Kunden z.B. detaillierte Besatzpläne jeder wichtigen Straße zur Verfügung stellen worauf ersichtlich ist wer die zukünftigen Nachbarmieter sind. 

Unser lokales Netzwerk ist besonders wichtig, wir haben dieses in den letzten 20 jähren konsequent aufgebaut. Wir kennen fast jeden Eigentümer von Gewerbeflächen. Bei Anfragen zu Ladenanmietungen können wir unseren Kunden eine individuelle Empfehlungen für einen Standort geben. 

Wir liefern z.B. die Passantenfrequenz für verschiedene Standorte.
Aktuell haben wir über 4500 Gewerbekunden in unserer Datenbank und bieten vakante Flächen aktiv an um neue Konzepte auf die Insel zu bringen.

Frage 6: Zahlen Daten Fakten?

Wir bieten zur Zeit ca. 35 Gewerbeobjekte in SH (Vermietung und Verkauf) an.


Schauen wir uns zum Beispiel die Friedrichstraße in Westerland genauer an. Es gibt dort 71 Laden- und 28 Gastroflächen. Aktuell haben wir hier 4 Flächen ( 2 x Leysieffer) wo demnächst eine Nachvermietung ansteht. Das ist absolut im normalen Bereich und gibt keinen Anlass zur Besorgnis.

Die durchschnittlichen Mietpreise liegen im besten Bereich der Friedrichstraße bei rund 80 EUR / m2 ,
ab Höhe der Elisabethstraße bei rund 60 EUR / m2, in der Strandstraße, Neue Straße und Elisabethstraße je nach Lage zwischen 35 – 75 EUR / m2.

Objekte in List liegen in einer Range von 25 -50 EUR / m2 , in Kampen konnten wir in der Vergangenheit in Spitzenlagen bis zu 120 EUR / m2 realisieren, in Keitum liegen wir zwischen 60 und 95 EUR / m2 .

Bislang konnten wir mit unserem Unternehmen über 300 Gewerbemietverträge vermitteln.

Frage 7. Ein Blick in die Glaskugel: Preisentwicklung in den kommenden 5 Jahren

Die Mieten und Kaufpreise haben sich aktuell auf ein vernünftiges Niveau eingependelt und haben den Bodensatz erreicht. Ich rechne in der nächsten 5 Jahren mit einer moderaten Preisentwicklung, sollten die Zinsen weiter fallen kann die Preisentwicklung aber durchaus dynamischer ausfallen.


Über Michael Beyer:

– Bj. 1967 aus einer Architektenfamilie in Bad Pyrmont

–  1987 Gründung des ersten eigenen Unternehmens

–  2001 Umzug nach Hamburg und Gründung der RCG Gewerbeimmobilien GmbH mit Claudia Beyer

–  2022 Im Zuge einer Neuausrichtung Aufnahme von Martin Dau als Partner und Änderung des Firmennamens in Dau &
Beyer Immobilien GmbH
– Leidenschaften: Motorrad, Reisen, französische Krimis und Küche

Vielen Dank für das InterviewBoom oder Flaute- Sylter Gewerbeimmobilien im Fokus.
Teil 2: Illegale Vermietung von Ferienwohnungen
Teil 1: Sylter Immobilienserie

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