In unserem Fortsetzungskrimi geht es heute mit Teil 18 von Dünengrab weiter. Hier startet der Fortsetzungskrimi.
»Das sind vertrauliche Informationen, Frau Kommissarin. Ohne richterliche Anordnung bin ich an meine Schweigepflicht gebunden. Das verstehen Sie doch?«
Dreesen trug an diesem Morgen legere Kleidung. Aber mit Jeans, Polohemd und Sportsakko wirkte er nicht sympathischer als in seinem makellosen Anzug. Bente hatte ihn über den Tod von Svea und Benno Larsen unterrichtet. Er war nicht überrascht gewesen und spielte auch nicht den trauernden Freund. Das brachte ihm einen Pluspunkt bei Bente ein.
»Ihre Mandanten sind tot und ich bitte Sie lediglich, uns sachdienliche Hinweise zu geben, um den Fall aufzuklären.«
»Sie haben doch gerade gesagt, dass Benno auf der Flucht vom Tatort tödlich verunglückt ist. Dann ist der Fall doch geklärt!«
»Das kann man vorerst so sehen, allerdings fehlt uns unter anderem das Motiv. Befand sich einer oder sogar beide Eheleute in therapeutischer Behandlung?«
Dreesen sah sie an und machte keine Anstalten, zu antworten.
»Wer ist denn jetzt Erbe? Svea Larsen war äußerst vermögend und Benno Larsen hat sicherlich auch einige Euro verdient!«, wandte Hansen sich an den Anwalt.
»Laut Erbfolge geht das Vermögen an die gemeinsame Tochter. Sie ist fast vier Jahre alt und befindet sich zurzeit auf dem Festland bei ihrer Großmutter, hat also ein Alibi.«, grinste er.
»Zwei Ihrer Mandanten sind verstorben, die kleine Jördis ist Vollwaise und sie grinsen?«
Bente legte ihre ganze Verachtung in ihren Blick.
Für einen kurzen Moment blitzte Wut in seinen Augen auf, aber sofort beherrschte er seine Mimik wieder.
»Verzeihen Sie, mir ist das wohl noch nicht so richtig bewusst. Ich wollte nicht pietätlos erscheinen.«
Dreesen war eloquent und gerissen und genau das machte wohl einen guten Anwalt aus.
»Ich kann es noch nicht fassen, dass er Svea umgebracht hat!«
»Könnte Geld ein Motiv für Benno Larsen gewesen sein? Vielleicht hat er sich mit seinen Immobiliengeschäften verspekuliert?«
»Im Gegenteil! Benno hatte hier auf Sylt Kontakte geknüpft und wurde mit dem Verkauf zahlreicher Immobilien beauftragt. Die Preise steigen immer noch, es ist unglaublich, was die Leute hinblättern, nur um ein Fitzelchen Meer sehen zu können! Er hatte in den letzten Jahren mehr verdient, als wir drei hier zusammen!«
Dreesen sah erst Hansen, dann Bente an.
»Außerdem gibt es einen Ehevertrag!«
»Was bedeutet, dass er bei einer Scheidung nichts von ihrem Vermögen bekommen hätte. Und sie wollte sich scheiden lassen!«, konterte Bente.
»Ja, da haben sie recht. Im Todesfall wäre das Vermögen zu gleichen Teilen an Ehemann und Tochter gegangen.«
»Und er hätte das Vermögen seiner Tochter verwaltet!«, ergänzte Hansen.
Bedächtig stimmte Dreesen ihm zu.
»Daran hatte ich nicht gedacht, aber ja, es könnte ein Motiv sein!«
»Haben die Eheleute Larsen Ihnen gegenüber irgendetwas erwähnt, was eine Verbindung zur letzten Nacht darstellen könnte?«
Er schüttelte den Kopf.
»Das hätte ich Ihnen natürlich umgehend mitgeteilt, Frau Kommissarin!«
Bente störte seine arrogante Art, die er trotz der tragischen Todesfälle nicht ablegte.
»Seit wann waren Sie der Anwalt von Svea Larsen?«
»Wir kannten uns von der Uni. Wir haben beide in Freiburg studiert und vor acht oder neun Jahren kam sie auf mich zu. Ich kann das genaue Datum herausfinden lassen, wenn Sie es wünschen.«
Bente hielt sich die Handflächen an die Schläfen.
Wieso komme ich in diesem Fall einfach nicht weiter?
»Was haben Sie für einen Eindruck von Juliette Durand?«
»Äh, das Au-pair-Mädchen?«
»Kennen Sie noch eine Juliette Durand?«
Er schüttelte den Kopf.
»Ich erinnere mich nicht, sie jemals getroffen zu haben.«
Hansen, der aufmerksam zuhörte, räusperte sich.
»Sie haben die Larsens in allen Rechtsfragen beraten, richtig?«
»Das ist korrekt!«
»Aber den Vertrag mit der Vermittlungsagentur haben Sie nicht gelesen?«
Dreesen setzte wieder zu seinem überheblichen Grinsen an, besann sich aber und reagierte besonnen.
»Nein, so etwas fällt nicht in meinen Aufgabenbereich. Ich kümmere mich um Immobilien- und Vermögensverwaltung, um wirtschaftliche Fragen und Rechtsgeschäfte. Den Au-Pair-Vertrag hat Benno abgeschlossen.«
Nachdenklich wandte Bente sich an den Anwalt.
»Was, glauben Sie, hat sich letzte Nacht im Larsenhaus abgespielt?«
Sie hielt Blickkontakt.
»Glauben ist nicht mein Geschäft, da müssen Sie einen Kirchenmann fragen. Ich halte mich an Verträge und Fakten. Was glauben Sie?«
»Ich habe Zweifel!«
Dreesen schwieg.
»Entschuldigen Sie mich bitte für einen Moment!«
Bente verließ das Besprechungszimmer, gefolgt von Ulrike.
Im Nachbarcontainer trat sie an Timmes Schreibtisch, schrieb eine Nummer auf einen Block und erteilte ihm einen Befehl.
Dann kehrte sie zu Hansen und Dreesen zurück, die offenbar nicht miteinander geredet hatten, schickte Ulrike wieder unter den Tisch und stellte Dreesen beiläufig eine Frage.
»Sie sind ebenfalls der Rechtsbeistand von Torben Niemann, richtig?«
Dreesen nickte.
»Wissen Sie, warum er am Freitag nicht zu dem vereinbarten Treffpunkt mit Svea Larsen gekommen ist?«
»Nein, das Privatleben meiner Mandanten interessiert mich nicht.«, erwiderte er kühl.
»Sind wir hier fertig? Sie werden verstehen, ich habe einige Angelegenheiten zu regeln!«
Bente stand auf und öffnete die Tür.
»Na klar, vielen Dank, Herr Dreesen.«
Als er sich von seinem Stuhl erhob, stellte Bente noch eine letzte Frage. Sie musste Zeit schinden.
»Sagt Ihnen der Name Lisa Sellering etwas?«
Er überlegte, dann nickte er.
»Die Nachbarin, richtig?«
»Richtig!«
»Ja, sie hat gemeinsam mit Benno einige Geschäfte getätigt.«
»Bitte?«
Bente konnte ihre Überraschung nicht verbergen und auch Hansen war aufgesprungen.
»Sie ist Maklerin. Benno hatte mal was mit ihr. Jedenfalls hatte Benno mich vor ein paar Monaten um Rat gefragt, ob er juristisch gegen sie vorgehen könne, weil sie im Nachbarhaus eingezogen war. Übergriffig war das Wort, was er benutzt hatte.«
»Warum sagen Sie das erst jetzt?«, rief Bente empört.
»Weil Sie mich danach gefragt haben und das Privatleben meiner Mandanten…«
»Stopp!«, unterbrach Bente ihn.
»Heißt das, dass Lisa Sellering Benno Larsen gestalkt hat?«
»So extrem würde ich das nicht ausdrücken.«
»Wusste Svea Larsen von dieser Affäre?«
»Ich weiß es nicht, aber Benno Larsen hatte mit so ziemlich jeder was.«
»Jeder?«, fragte Bente provokant.
»Das war Bennos Aussage. Er sah Frauen nicht als Personen auf Augenhöhe, sondern lediglich als Lustobjekt.«
»Ich frage mich, ob Sie eigentlich ein Rückgrat haben, Herr Dreesen?«
Bente konnte ihre Verachtung nicht länger verbergen.
»Wissen Sie, Frau Kommissarin, Rückgrat ist nicht das, was meine Klienten von mir erwarten!«
»Was erwarten Ihre Klienten denn von Ihnen?«
»Lösungen!«, erwiderte er und hielt ihrem Blick stand.
»Ich erarbeite Lösungen für die Probleme meiner Mandanten!«
Bentes Handy klingelte.
Endlich!
»Brodersen.«
Sie hörte einen Augenblick zu, riss plötzlich die Augen auf und nickte Hansen zu.
»Wo?«
»Sind sie sicher?«
»Danke, wir kümmern uns darum!«
Sie legte das Handy auf den Tisch.
Hansen und Dreesen sahen sie gespannt an. »Wir haben das Au-pair-Mädchen gefunden!«
In Kooperation mit der Krimi-Autorin Krinke Rehberg präsentieren wir Ihnen den fesselnden Syltkrimi Dünengrab in mehreren Teilen. Jeden Samstag erscheint morgens ab 8.00 Uhr ein neuer Teil, des SyltKrimis. Lehnen Sie sich zurück, lassen Sie sich mitreißen und verpassen Sie Woche für Woche keine Folge des SyltKrimis. Wir lesen uns am kommenden Samstag mit Folge 19 wieder. Titelbild: Unis Riba/Shutterstock.com.