Dienstag, Oktober 15, 2024
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Sylt schützt seine Schafe: Maßnahmen gegen die Blauzungenkrankheit im Einklang mit der Natur

Die Blauzungenkrankheit stellt nicht nur eine ernsthafte Bedrohung für die Tiergesundheit dar, sondern kann auch weitreichende wirtschaftliche und ökologische Folgen haben. Besonders betroffen ist derzeit die Region Schleswig-Holstein, hier wurde im August 2024 der Serotyp 3 (BTV-3) des Bluetongue-Virus nachgewiesen wurde. In diesem Artikel erfahren Sie alles über die Blauzungenkrankheit, die jüngsten Entwicklungen auf Sylt und die Maßnahmen, die zum Schutz der Tiere getroffen wurden.

Wir haben uns die Auflistung sämtlicher Einzelfälle(Quelle: TSIS – TierSeuchenInformationsSystem – Friedrich-Loeffler-Institut, Stand 21.09.2024) angesehen und die Sylt betreffenden Fälle hier aufgelistet. Darüber hinaus gab es seitdem keine weiteren Einträge.

24-009-10263Kalb -6 Monate oder -220 kgSchleswig-HolsteinNordfriesland                           Sylt                                    04.09.202419.09.2024inaktiv
24-009-10263Kuh, Ammen-/Mutterkuh >2 J.Schleswig-HolsteinNordfriesland                           Sylt                                    04.09.202419.09.2024inaktiv
24-009-10263Rindv. >2 J.Schleswig-HolsteinNordfriesland                           Sylt                                    04.09.202419.09.2024inaktiv
Quelle: TSIS – TierSeuchenInformationsSystem – Friedrich-Loeffler-Institut – gesamte Tabelle: Auflistung der Einzelfälle Blauzungenkrankheit

1. Einführung: Was ist die Blauzungenkrankheit?

Die Blauzungenkrankheit ist eine virale Infektionskrankheit, die Wiederkäuer wie Schafe, Rinder und Ziegen befällt. Verursacht wird sie durch das Bluetongue-Virus (BTV), das in verschiedenen Serotypen vorkommt. Die Krankheit ist nicht direkt auf den Menschen übertragbar und stellt daher keine gesundheitliche Gefahr für die Bevölkerung dar. Dennoch kann sie erhebliche wirtschaftliche Schäden verursachen, insbesondere in landwirtschaftlichen Betrieben, die auf die Gesundheit ihrer Tiere angewiesen sind.

Das Virus wird hauptsächlich durch Stechmücken der Gattung Culicoides (Gnitzen) übertragen, die das Virus beim Blutsaugen von infizierten Tieren aufnehmen und auf gesunde Tiere übertragen. Die Krankheit ist besonders in den wärmeren Monaten aktiv, da die Mücken Temperaturen über 8°C benötigen, um sich zu vermehren und das Virus zu verbreiten.

2. Blauzungenkrankheit auf Sylt: Erstmaliger Nachweis des BTV-3

Am 08. August 2024 wurde in Schleswig-Holstein erstmalig der Serotyp 3 des Bluetongue-Virus (BTV-3) nachgewiesen. Seitdem nehmen die Fallzahlen in der Region zu. Gefährdet sind die Deichschäfereien auf der Insel Sylt, die traditionell eine wichtige Rolle beim Küstenschutz spielen. Diese Schafherden sind für die Stabilität der Deiche unerlässlich, da sie durch das Abgrasen der Deichvegetation den Boden festigen und damit die Küstenlinie schützen.

Um die bereits geschwächten Tiere zu schützen und den Stress zu minimieren, wurden von den Behörden Maßnahmen ergriffen. Dazu gehört die Sperrung einzelner Deichabschnitte auf einer Länge von 15 Kilometern, um den Tieren Ruhe zu gönnen. Die Sperrungen sind deutlich beschildert, und Besucher werden gebeten, Verständnis für diese Schutzmaßnahmen zu zeigen.

Schutz vor Blauzungenkrankheit
Deichsperrung zum Schutze des Tierwohls Quelle: Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein (LKN.SH) Karte Copyright basemap.de BKG 12/2022

Die vollständige Karten mit den Sperrungen Stand 19.09.2024 erhalten Sie unter diesem Link:
https://www.schleswig-holstein.de/DE/landesregierung/ministerien-behoerden/LKN/_documents/pdf/2024/sperrung_nf.pdf?__blob=publicationFile&v=4

3. Übertragungswege der Blauzungenkrankheit

Das Bluetongue-Virus wird hauptsächlich durch kleine Stechmücken der Gattung Culicoides übertragen. Diese Mücken, die auch als Gnitzen bekannt sind, nehmen das Virus beim Blutsaugen von einem infizierten Tier auf und übertragen es bei einem weiteren Stich auf ein gesundes Tier. Das Virus vermehrt sich in den Speicheldrüsen der Mücke, was sie zu einem effektiven Vektor für die Verbreitung der Krankheit macht.

Durch starke Winde können infizierte Mücken bis zu 200 Kilometer weit getragen werden, was zur raschen Verbreitung der Krankheit in neue Gebiete führt. Besonders in den Sommer- und Herbstmonaten sind die Mücken aktiv, was auch die Häufigkeit der Blauzungenkrankheit in dieser Zeit erklärt.

4. Symptome der Blauzungenkrankheit bei Schafen und Rindern

Die Symptome der Blauzungenkrankheit variieren je nach Tierart und Schwere der Infektion. Bei Schafen sind die Symptome in der Regel deutlich ausgeprägter als bei Rindern, die häufig als symptomlose Träger fungieren können. Zu den typischen Symptomen gehören:

  • Fieber: Die Tiere zeigen eine erhöhte Körpertemperatur, was oft das erste Anzeichen einer Infektion ist.
  • Schwellungen im Kopfbereich: Besonders die Lippen und die Zunge schwellen stark an.
  • Bläuliche Verfärbung der Zunge: Ein charakteristisches Symptom, das der Krankheit ihren Namen gibt.
  • Geschwüre in der Maulhöhle: Diese führen oft zu Problemen bei der Nahrungsaufnahme und Gewichtsverlust.
  • Lahmheit: Entzündungen an den Klauen machen den Tieren das Laufen schwer.
  • Aborte bei trächtigen Tieren: Besonders schwerwiegend sind die Folgen für trächtige Tiere, die ihre Föten verlieren können.

Während Schafe oft schwerwiegende Symptome zeigen, bleiben Rinder häufig symptomlos, können aber dennoch als Virusreservoir fungieren und die Krankheit weiterverbreiten.

5. Maßnahmen auf Sylt gegen die Blauzungenkrankheit

5.1 Deichsperrungen zum Schutz der Schafe

Um die Schafe zu schützen und ihnen die nötige Ruhe zu geben, hat der Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein (LKN.SH) in Abstimmung mit den Schäfereien entschieden, bestimmte Deichabschnitte auf Sylt zu sperren. Diese Maßnahmen sollen den Stress auf die Tiere, die bereits durch die Krankheit geschwächt sind, minimieren.

5.2 Auswirkungen der Deichsperrungen auf Tourismus und Alltag

Besucher der Insel Sylt müssen aufgrund der Deichsperrungen mit Einschränkungen und Umwegen rechnen. Radfahrer und Spaziergänger werden gebeten, die Beschilderung zu beachten und alternative Wege zu nutzen. Diese Maßnahmen sind jedoch notwendig, um das Wohl der Tiere zu gewährleisten, die eine zentrale Rolle im Küstenschutz spielen.

6. Prävention und Bekämpfung der Blauzungenkrankheit

6.1 Impfmaßnahmen gegen die Blauzungenkrankheit

Die Impfung bleibt die effektivste Methode, um die Blauzungenkrankheit unter Kontrolle zu halten. In Deutschland ist eine großflächige Impfkampagne ab Mai 2024 geplant, bei der Millionen Rinder, Schafe und Ziegen geimpft werden sollen. Diese Impfungen sind notwendig, um zukünftige Ausbrüche zu verhindern und den wirtschaftlichen Schaden für die Landwirte zu minimieren.

6.2 Vektorbekämpfung: Mücken als Überträger der Blauzungenkrankheit

Da die Blauzungenkrankheit durch Mücken der Gattung Culicoides übertragen wird, ist die Kontrolle dieser Mückenpopulation entscheidend. Dies beinhaltet die Reduzierung von Brutstätten wie stehenden Gewässern sowie den gezielten Einsatz von Insektiziden. Allerdings ist eine vollständige Eliminierung der Mücken aufgrund ihrer weiten Verbreitung und Anpassungsfähigkeit schwierig.

7. Wirtschaftliche und ökologische Auswirkungen der Blauzungenkrankheit

Die Blauzungenkrankheit hat weitreichende wirtschaftliche Auswirkungen. Die durch die Krankheit geschwächten Tiere führen zu erheblichen Produktionsverlusten. Außerdem verursachen Handelsbeschränkungen für Tiere und tierische Produkte aus betroffenen Regionen wirtschaftliche Einbußen. Zusätzlich belasten die Kosten für Impfkampagnen und die Bekämpfung der Mückenpopulation die betroffenen Betriebe.

Auch ökologische Folgen können entstehen, etwa durch den Einsatz von Insektiziden, die in der Vektorbekämpfung genutzt werden. Ein nachhaltiger und vorsichtiger Einsatz ist daher erforderlich, um das Gleichgewicht in der Natur zu wahren.

8. Blauzungenkrankheit: Warum Menschen nicht betroffen sind

Das Bluetongue-Virus ist für den Menschen ungefährlich. Weder durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren noch durch den Verzehr von Fleisch- und Milchprodukten kann sich ein Mensch infizieren. Das Virus befällt ausschließlich Wiederkäuer, und es gibt keinerlei Hinweise auf eine potenzielle Übertragung auf Menschen. Der Verzehr von Produkten aus betroffenen Beständen ist daher unbedenklich, sofern die Hygienevorschriften eingehalten werden.

9. Aktuelle Informationen und Bürgertelefon zur Blauzungenkrankheit in Schleswig-Holstein

Um die Bevölkerung und insbesondere Tierhalter umfassend über die Blauzungenkrankheit zu informieren, hat das Ministerium für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz (MLLEV) ein Bürgertelefon eingerichtet. Bürgerinnen und Bürger können sich von Montag bis Freitag zwischen 9.00 und 15.00 Uhr unter der Telefonnummer 0431 / 988 7100 informieren.

10. Forschung und Zukunftsausblick zur Blauzungenkrankheit

Die Blauzungenkrankheit bleibt eine Herausforderung für die Tiergesundheit und die Landwirtschaft. Der Klimawandel, der die Aktivität der Überträgermücken begünstigt, könnte in Zukunft zu vermehrten Ausbrüchen führen. Daher konzentriert sich die Forschung auf die Entwicklung neuer, effektiverer Impfstoffe und besserer Diagnostikmethoden. Nur durch fortlaufende Überwachung und internationale Zusammenarbeit kann die Krankheit langfristig unter Kontrolle gebracht werden.


Quellen:

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