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Von der Nordsee an den Sand gespült – was Strandspaziergänger über die Kompassqualle wissen sollten
Wer in diesen Tagen an Sylts Stränden entlanggeht, dem begegnet sie möglicherweise mehrfach: Eine transparente, glockenförmige Gestalt mit einem markanten, bräunlichen Zackenmuster auf der Oberseite – die Kompassqualle (Chrysaora hysoscella). Ihr Name leitet sich von eben jenem Muster ab, das an die Zacken einer Windrose erinnert. Doch was steckt hinter diesem rätselhaften Meerestier?
Ein Porträt: Die Kompassqualle
Die Kompassqualle gehört zur Familie der Schirmquallen (Pelagiidae) und ist eine der auffälligeren Arten, die regelmäßig in der Nordsee vorkommen. Ihre glockenförmige Körperform erreicht einen Durchmesser von bis zu 30 Zentimetern. Besonders charakteristisch sind die 16 braunen bis violetten radial verlaufenden Streifen, die von der Mitte des Körpers bis zum Rand verlaufen. Diese geben ihr das Aussehen eines Kompasses – daher der Name.
Rund um den Schirmrand trägt die Qualle lange, dünne Tentakel und zusätzlich acht dickere, sogenannte Mundarme, mit denen sie Plankton und kleine Fische einfängt. Ihre Bewegungen sind rhythmisch pulsierend – sie ist also keine reine Passivtreiberin der Strömung, sondern kann sich durchaus fortbewegen.

Lebensraum und Vorkommen rund um Sylt
Kompassquallen sind vor allem in der Nordsee, dem Ärmelkanal und dem Nordostatlantik verbreitet. Sie bevorzugen gemäßigte Wassertemperaturen und halten sich sowohl in tieferen Wasserschichten als auch nah an der Oberfläche auf. Während der Sommermonate werden sie regelmäßig in küstennahen Bereichen gesichtet – so auch vor Sylt, besonders an windstillen Tagen oder nach Stürmen, wenn sie mit den Strömungen an Land getrieben werden.
Beobachtungstipp: An Tagen nach auflandigem Wind lohnt sich ein Blick auf den Spülsaum – oft lassen sich dort beeindruckende Exemplare der Kompassqualle entdecken.
Sind Kompassquallen gefährlich?
Die Tentakel der Kompassqualle sind mit sogenannten Nesselzellen (Nematocyten) ausgestattet. Diese dienen dazu, Beute zu lähmen – für den Menschen sind die Berührungen jedoch in der Regel nur leicht brennend oder juckend, vergleichbar mit einer Brennnesselreaktion. Besonders empfindliche Menschen oder Kinder können allerdings stärkere Reaktionen zeigen. Daher gilt:
- Nicht anfassen! Auch angespülte oder tote Quallen können noch Nesselkapseln aktivieren.
- Bei Kontakt hilft Essig oder Meerwasser, um die Haut zu reinigen. Kein Süßwasser verwenden!
- Arzt aufsuchen, wenn starke Reaktionen oder Kreislaufprobleme auftreten.
Teil eines fragilen Ökosystems
Die Kompassqualle ist – wie viele andere Quallenarten – ein wichtiger Bestandteil des marinen Nahrungsnetzes. Sie ernährt sich von Zooplankton, kleinen Fischen und Larven, während sie selbst wiederum Beute für Meeresschildkröten, größere Fische und Seevögel ist. Ihre Vorkommen liefern daher auch Hinweise auf den Zustand des marinen Ökosystems.
Laut dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) wird das zunehmende Auftreten von Quallen unter anderem mit dem Klimawandel, der Überfischung und der Verschmutzung der Meere in Zusammenhang gebracht. Weniger Fressfeinde, wärmeres Wasser und veränderte Strömungen können dazu führen, dass sich Quallenpopulationen explosionsartig vermehren.
Wissenschaftliche Einschätzung und Schutz der Kompassqualle
Das renommierte Alfred-Wegener-Institut (AWI) auf Sylt erforscht regelmäßig die Auswirkungen von Umweltveränderungen auf die Nordsee und deren Lebewesen. Auch Quallen werden dort zunehmend als Bioindikatoren herangezogen. „Quallen sind keine Plagegeister, sondern sensible Anzeiger dafür, wie sich unser Meer verändert“, sagt Dr. Silke Schneider, Meeresbiologin am AWI.
In den Sommermonaten wird daher zunehmend dokumentiert, wann, wo und wie viele Quallen an Strände gespült werden – auch von Bürgerwissenschaftlern, etwa über Apps wie „BeachExplorer“ von der Schutzstation Wattenmeer e. V.
Fazit: Staunen statt fürchten
Die Kompassqualle ist kein Grund zur Panik, sondern eher zur Faszination. Wer sich ihr mit Respekt nähert, kann an den Stränden Sylts ein faszinierendes Naturphänomen beobachten, das viel über unsere Umwelt erzählt. Sie erinnert uns daran, dass das Meer lebt – und wir achtsam mit ihm umgehen sollten.
Quellen:
- Schutzstation Wattenmeer e. V. – BeachExplorer
- Alfred-Wegener-Institut Sylt – Quallenforschung
- Bundesamt für Naturschutz – Lebensraum Nordsee
- Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel – IFM-GEOMAR
- „Atlas der Quallen in der Nordsee“, BfN-Materialien 2021
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