Instagram Reichweite – Verlockung oder Illusion?
Vor nicht allzu langer Zeit befand ich mich auf einer Veranstaltung hier auf Sylt, als mich jemand direkt fragte, wie viele Follower wir auf Instagram haben. Es war eine dieser typischen Fragen, die einem die gegenwärtige Dominanz der sozialen Medien überdeutlich vor Augen führen. Reflexartig rechtfertigte ich die eher bescheidenen Zahlen unserer gerade erst gestarteten Seite: „Das wächst schon noch“ kam mir allerdings nicht über die Lippen. Doch die Frage regte mich zum Nachdenken an. Ist Instagram für uns überhaupt der richtige Kanal? Oder sind wir längst Opfer eines Mythos geworden – der Illusion von Relevanz durch digitale Reichweite?
Natürlich ist es verführerisch, an die Macht von Instagram zu glauben. Mit der Aussicht, eine große Followerbasis zu kultivieren, scheint das Versprechen, Reichweite und damit Einfluss zu gewinnen, in greifbarer Nähe. Doch wie substanziell ist diese Instagram-Reichweite wirklich? Wie viele dieser hart erkämpften Follower sind mehr als nur eine Zahl, die in den Statistiken auftaucht? Wie viele interagieren, zeigen Interesse, konvertieren in irgendeiner Weise? Und nicht zuletzt: Was genau bringt uns diese Zahl, abgesehen von der flüchtigen Anerkennung, die das Spiel der sozialen Medien so oft erzeugt?
Echte Follower oder nur Zahlen?
Es gibt eine feine, aber bedeutende Differenzierung: „Echte“ Follower sind nicht immer echte Menschen im Sinne von Engagement und Teilnahme. Man mag eine beeindruckende Anzahl an Abonnenten haben, aber wie viele von ihnen schauen wirklich zu? Wie viele interessieren sich tatsächlich für die Inhalte? Gerade diese Interaktion ist es doch, die zählt – die Fähigkeit, Menschen zu bewegen, an Gesprächen teilzunehmen, eine Bindung zu schaffen. Eine Bindung, die tiefer geht als ein flüchtiger Like oder ein automatisierter Kommentar. Wer von den Tausenden bleibt, wer bringt wirklich Wert in eine Gemeinschaft ein? Das ist die entscheidende Frage. Wir haben verlernt zu hinterfragen.
Übrigens 10.000 Follower bei Instagram kosten keine 150 Euro und vor Jahren gab es dafür Karteileichen, heute nicht. Und wer mal gelernt hat, dass die Interaktion ein messbares Indiz für „echte“ Follower ist, der kann auch Likes und Kommentare kaufen. Früher waren noch Follow 4 Follow Spielchen angesagt. Man freute sich über neue Follower, die dann wieder entfolgten, weil das Thema irrelevant war. Die Aussage „Ich habe über 90.000 Follower“ findet aber immerhin noch Beachtung. Tools zeigen einem an, wer ist aktiv, wer nicht.
Gewinnspiele – wirklicher Wert oder reine Zahlen?
Noch schwieriger wird es bei Gewinnspielen – einem beliebten Mittel, um schnell an neue Follower zu kommen. Aber was generiert man damit wirklich? Sind die Menschen, die sich an Gewinnspielen beteiligen, tatsächlich Teil unserer potenziellen Zielgruppe? Oder sind sie lediglich auf den Gewinn aus, bereit, uns augenblicklich zu verlassen, sobald das Glücksrad gedreht wurde? Es gibt mittlerweile unzählige Social-Media-Gruppen, die einzig und allein das Ziel verfolgen, ihre Mitglieder auf aktuelle Gewinnspiele hinzuweisen. Ein regelrechtes Netzwerk von Schnäppchenjägern, die sich, ohne mit der Wimper zu zucken, quer durch alle Branchen klicken – hauptsache, es gibt etwas zu gewinnen. Ob sich da, wie es so schön heißt, „wertvolle Leads“ generieren lassen? Die Antwort ist oft ernüchternd.
Wir als Verlag haben mal 10 iPad Minis verlost, das ganze kam gut an. Vor allem in facebookgruppen, deren User dann unseren Posteingang mit „Ich will gewinnen“ Mails fluteten.
Natürlich wollen wir Instagram eine Chance geben. Denn es ist klar, dass das soziale Netzwerk gerade für bestimmte Branchen – etwa für den Tourismus oder die Gastronomie – enorme Chancen bietet. Wenn man „Off the Record“ mal anchfragt, sind viele nur präsent, weil die Mitbewerber so aktiv sind. Ob der Chef persönlich weiß, was auf Instagram passiert – vielleicht- vielleicht aber auch nicht. Die Plattform lebt von Bildern, von Emotionen, und ja, Menschen lieben es, visuell mitgenommen zu werden. Besonders Themen wie Reisen und Essen sind prädestiniert für diese Art der Präsentation. Doch wir dürfen uns nichts vormachen: Der Weg zum Erfolg auf Instagram ist kein Spaziergang. Er verlangt nach Konsistenz, nach Kreativität und nach einer nicht zu unterschätzenden Investition an Zeit. Und das in einem Umfeld, das durch den ständigen Wettlauf um Aufmerksamkeit immer lauter und chaotischer wird.
Der Preis der Instagram-Präsenz
Am Ende bleibt die Frage: Wie hoch ist der Preis für eine solche Präsenz? Denn nicht nur die Plattform fordert ihren Tribut, sondern auch die persönliche Ressource „Zeit“. Zeit, die vielleicht effektiver genutzt werden könnte, um in anderen Bereichen nachhaltigere Ergebnisse zu erzielen. In der Realität ist es manchmal schlicht effektiver, sich unter Menschen zu mischen, an echten Veranstaltungen teilzunehmen, statt sich in der endlosen Spirale der digitalen Sichtbarkeit zu verlieren.
Sascha Pallenberg und die Realität
Eigentlich war mein Artikel über meine Einschätzung zur Instagram Reichweite hier fertig. Doch dann sah ich den Vortrag von Sascha Pallenberg auf der DMEXCO. Für diejenigen, die es nicht wissen: Die DMEXCO ist Europas führendes Digital und Tech Event. Sie zieht Jahr für Jahr Experten, Innovatoren und Interessierte aus der ganzen Welt an, um die neuesten Trends, Tools und Perspektiven im digitalen Business zu diskutieren.
Sind meine Worte oben vielleicht zu milde? Sascha Pallenberg ist jemand, der es versteht, die Dinge auf den Punkt zu bringen. Er polarisiert und scheut sich nicht vor klaren Aussagen, ohne dabei dem Zeitgeist nachzugeben. Sascha ist kein Tesla-Fanboy, sondern herrlich ehrlich und einfach ein feiner Mensch, der in der oft überladenen Social-Media-Landschaft eine erfrischend unverblümte Sichtweise vertritt. In regelmäßigen Abständen, die durchaus auch mal ein paar Monate auseinanderliegen können, teilt er seine Gedanken in einem Tonfall, der sagt: „Ich habe das schon vor einem Jahr gesagt, und mittlerweile sollte es doch wirklich jedem klar sein.“ Es ist genau diese Klarheit, die mir zu denken gegeben hat. Nehmen Sie sich Zeit und hören sie einfach mal seinem Vortrag zu.
Die Gefahr der Social Media Blase
Doch um zu verstehen, worauf ich hinaus will, muss ich etwas weiter ausholen. Jeder von uns lebt in seiner eigenen Welt – oder, wie man es in der LinkedIn-Welt nennt: in seiner „Bubble“. Diese Blase ist gefüllt mit Menschen, die uns ähnlich sind, die unsere Ansichten teilen und unsere Überzeugungen bestätigen. In dieser Welt glauben viele, besonders gebildet zu sein, und neigen dazu, sich als Experten auf den unterschiedlichsten Gebieten darzustellen, selbst wenn ihre Expertise nur oberflächlich ist. Je nach Trend wird man eben schnell zum selbsternannten Spezialisten – sei es im Bereich der künstlichen Intelligenz, im Digitalmarketing oder in der Start-up-Szene.
Besonders auf Plattformen wie LinkedIn hat sich diese Tendenz verstärkt. Unter den wenigen echten Experten tummeln sich zahlreiche selbsternannte „Gurus“, die lautstark verkünden, was möglich ist und was nicht, was „KI“ ist und wie es die Welt verändern wird. Doch was ist mit all jenen, die nicht einmal wissen, ob das, was sie konsumieren, wirklich wahr ist? Hier kommt das berühmte Buzzword „Fake News“ ins Spiel: Falsch aufgenommene Informationen, die weitergeplappert und verbreitet werden, ohne jemals verifiziert worden zu sein. Auf diese Weise können virale Videos und flache Nachrichten, die eine eigene Dynamik entwickeln, weil sie von immer mehr Menschen – auch den gutgläubigsten unter uns – geliked und geteilt werden. Und warum? Weil sie vom besten Freund oder einem vermeintlich vertrauenswürdigen Influencer geteilt wurden. Eine Spirale, die nur schwer zu durchbrechen ist.
Manipulation durch Klickfarmen und gekaufte Follower
Schaut man sich die Mechanismen genauer an ( Danke an Sascha für den Vortrag), fällt einem auf, wie einfach es ist, dieses System zu manipulieren. Klickfarmen, die automatisiert liken, billige Followerkäufe, der Erwerb von Likes, Kommentaren und Interaktionen – all das sind längst keine Ausnahmen mehr. Es sind kalkulierte Methoden, um eine digitale Währung zu schaffen, die allerdings keinen realen Wert hat. Das Resultat: eine Scheinwelt, in der Erfolg und Popularität oft erkauft sind, ohne dass dahinter echte Substanz steckt.
Instagram Reichweite – das Fazit
Das Fazit dieses ganzen Spektakels lautet daher: Followerzahlen und Likes sind keine Währung für Erfolg. Sie sind eine trügerische Metrik, die vielleicht das Ego streichelt, aber nicht unbedingt auf wirkliche Relevanz oder Qualität hinweist. Das mag nicht jeder hören wollen, vor allem nicht diejenigen, die Jahre damit verbracht haben, diese Zahlen hochzutreiben. Aber am Ende des Tages zählt etwas ganz anderes: der echte Austausch, die Glaubwürdigkeit, die Inhalte, die Substanz bieten und wirklich eine Veränderung bewirken können.
Und das ist auch der Punkt, an dem Sascha Pallenbergs Worte ins Spiel kommen. Er erinnert uns daran, dass wir nicht blind der Illusion des digitalen Erfolgs hinterherlaufen sollten, sondern dass es vielmehr darum geht, authentisch zu bleiben, kritisch zu hinterfragen und zu erkennen, dass wahre Relevanz nicht durch die schiere Anzahl von Followern definiert wird, sondern durch die Tiefe der Verbindungen, die wir aufbauen. Ansonsten, und hier bin ich ganz bei ihm, laufen wir Gefahr, unsere Energie in eine leere Hülle zu stecken – eine Hülle, die, sobald sie durchstochen wird, nichts weiter als heiße Luft enthüllt.
Ob es nun Instagram oder andere social media Kanäle sind. Probieren Sie aus, was für sie funktioniert. Wenn Sie einen sympathischen Austausch mit Gleichgesinnten haben, schöne Momente teilen, Alles wunderbar – das möchte ich auch gar nicht miesmachen oder in Frage stellen. Dann geht es um echte Kommunikation und nicht um die hier kritisierte Instagram Reichweite. Wenn Sie jetzt sagen: bei mir sieht das ganze komplett anders aus. Schreiben Sie uns. Betreff Instagram Reichweite.
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