Die „Reisenden Riesen im Wind“ sind eine markante Skulpturengruppe auf dem Bahnhofsvorplatz von Westerland auf Sylt. Geschaffen vom Künstler Martin Wolke, wurden sie im Sommer 2001 installiert und haben sich seitdem zu einem Wahrzeichen der Insel entwickelt.
Entstehung und Hintergrund
Die Idee zur künstlerischen Gestaltung des Bahnhofsvorplatzes entstand Mitte der 1990er Jahre. 1999 schrieb die Stadt Westerland einen offenen Wettbewerb für schleswig-holsteinische Künstler aus, um das Areal neu zu beleben. Aus 72 eingereichten Entwürfen wählte die Fachjury schließlich den Vorschlag von Martin Wolke mit dem Titel „Reisende Riesen im Wind“ aus. Für die Realisierung des Projekts standen etwa 180.000 DM zur Verfügung.
Die Skulpturengruppe besteht aus vier überlebensgroßen, grün lackierten Figuren aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Ein Mann und eine Frau, jeweils vier Meter hoch, sowie zwei Kinder mit einer Höhe von zwei Metern, stellen eine reisende Familie dar, die sich gegen einen imaginären Westwind stemmt. Die dynamische Körperhaltung und die vom Wind verwehten Haare der Figuren spiegeln die typischen Wetterbedingungen auf Sylt wider. Ergänzt wird die Installation durch ebenfalls grün lackierte, windschiefe Laternen und verstreut platzierte Gepäckstücke, die als Sitzgelegenheiten für Passanten dienen.
Reaktionen und Kontroversen
Die Enthüllung der „Reisenden Riesen im Wind“ im Oktober 2001 stieß auf ein geteiltes Echo. Einige Insulaner und lokale Künstler kritisierten die Skulpturen scharf und bezeichneten sie als „Monster“ oder „geeignete Objekte für Karnevalsumzüge“. Auch die Kosten des Kunstwerks wurden hinterfragt. Der damals 30-jährige Künstler Martin Wolke berichtete, dass er aufgrund der heftigen Kritik gelegentlich das Gefühl hatte, einen Bodyguard zu benötigen.
Trotz der anfänglichen Kontroversen haben sich die „Reisenden Riesen“ im Laufe der Jahre zu einem beliebten Fotomotiv und einem festen Bestandteil des Stadtbildes entwickelt. Der Sylter Bürgermeister Nikolas Häckel bemerkte, dass die Skulpturen ihren Zweck, zu polarisieren und zum Nachdenken anzuregen, erfüllen, auch wenn man sie nicht unbedingt schön finden müsse.
Künstler: Martin Wolke
Martin Wolke wurde 1971 in Gräfelfing bei München geboren und studierte von 1993 bis 1999 Bildhauerei bei Jan Koblasa an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel. Seine Arbeiten zeichnen sich oft durch überdimensionale Figuren mit spielerischen oder kuriosen Motiven aus, die gewohnte Sichtweisen in Frage stellen und lebhafte Diskussionen provozieren. Neben den „Reisenden Riesen im Wind“ schuf er unter anderem den „Muschelläufer“ in Ahrensburg und die „Eckernförder Nixe“.
Symbolik und Interpretation
Die „Reisenden Riesen im Wind“ symbolisieren die Herausforderungen, denen Reisende auf Sylt begegnen, insbesondere die oft rauen Wetterbedingungen. Die überlebensgroßen Figuren mit ihren vom Wind verwehten Haaren und Kleidern verkörpern den ständigen Kampf gegen die Naturgewalten der Nordseeinsel. Die verdrehten Gesichter der Kinder, bei denen die Münder nach oben und die Augen nach unten zeigen, fügen eine surrealistische Note hinzu und laden Betrachter dazu ein, genauer hinzuschauen und über die Darstellung nachzudenken.
Aktueller Stellenwert
Heute sind die „Reisenden Riesen im Wind“ nicht mehr aus Westerland wegzudenken. Sie dienen nicht nur als beliebtes Fotomotiv für Touristen, sondern auch als markantes Wahrzeichen, das Besucher der Insel willkommen heißt. Die Skulpturen haben ihren Platz in der öffentlichen Kunstszene Schleswig-Holsteins gefunden und tragen zur kulturellen Identität Sylts bei.
Fazit
Die „Reisenden Riesen im Wind“ von Martin Wolke sind ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie Kunst im öffentlichen Raum Diskussionen anregen und gleichzeitig zu einem integralen Bestandteil des Stadtbildes werden kann. Trotz anfänglicher Kontroversen haben sie sich zu einem geschätzten Wahrzeichen entwickelt, das die Dynamik und den Charakter der Insel Sylt widerspiegelt.
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Quellen:
Insel Sylt, WELT, Lokalkompass, SH Kunst