Sylter Immobilienserie: Illegale Vermietung von Ferienwohnungen

Im zweiten Teil unserer Sylter Immobilienserie widmen wir uns einem der brisantesten Themen, das die Insel seit Jahren beschäftigt: die illegale Vermietung von Ferienwohnungen. Dieses Thema betrifft nicht nur die Bewohner, sondern auch die Zukunft des Tourismus und die Stabilität des Immobilienmarktes auf Sylt. Wie geht die Insel mit den wachsenden Herausforderungen um, und welche Auswirkungen hat dies auf Eigentümer und Mieter?

Wir haben uns mit Martin Dau  von Dau & Beyer Immobilien, einem erfahrenen Sylter Immobilienmakler, zusammengesetzt. Er gibt uns einen tiefen Einblick in die aktuelle Situation und erläutert, wie die neuen Regulierungen den Markt verändern – und was dies für Investoren und Ferienvermieter bedeutet.

Martin Dau von Dau & Beyer Immobilien steht Rede und Antwort in der neuen Sylter Immobilienserie
Martin Dau von Dau & Beyer Immobilien steht Rede und Antwort in der neuen Sylter Immobilienserie
  1. Wie schätzen Sie den Anteil der illegal vermieteten Ferienwohnungen auf Sylt ein, und welche Auswirkungen hat dies auf den legalen Immobilienmarkt?
    Der Anteil illegal vermieteter Ferienwohnungen auf Sylt ist schwer zu beziffern, da es keine offiziellen und vor allen Dingen umfassenden Statistiken dazu gibt. In den Medien kursieren aktuell Zahlen zwischen 3.500 und 5.000 Ferienunterkünften, welche illegal genutzt werden. Es wird jedoch vermutet, dass der Anteil dieser Wohnungen bei rund 1/3 aller verfügbaren Ferienimmobilien liegt. Viele Vermieter nutzen Online-Plattformen oder haben eine eigene Homepage, um ihre Wohnungen anzubieten, ohne sich immer an die rechtlichen Vorgaben zu halten – auch weil die Wohnungen oder Häuser seit Jahrzehnten in der Vermietung sind und sich niemand darüber Gedanken gemacht hat. 
  2. Welche typischen Merkmale weisen Immobilien auf, die illegal als Ferienwohnungen genutzt werden?
    Wir arbeiten nach der BBB – Regel: B-Plan, Baugenehmigung & Bewohner und wenden dieses Model bei jeder Einwertung und Beratung an. Ein Blick in die Bauakte ist zudem sinnvoll und geht auf Sylt zum Glück sehr schnell. Grundsätzlich entscheiden wir zwischen Dauerwohungen, Ferienwohnungen bzw. Ferienhäusern die als solche genehmigt sind und solche, bei denen zwischen den beiden Nutzungsarten nicht unterschieden wird. In der Baugenehmigung steht dann z.B. „zu Wohnzwecken“ oder als „Wohnung“ genehmigt. 

    Im Grunde genommen kann man grob skizzieren, dass ein sehr großer Teil der gebauten Wohnungen und Häuser bis in die späten 90er Jahre gar keine Unterscheidung zwischen Ferien und Dauerwohnen hatten, sondern einfach als „Wohnung“ genehmigt wurde. Die Nutzung ist hier also auch klar als „Wohnraum“ zu erkennen. Problematisch wird es allerdings, wenn solche „Wohnungen“ in reinen Wohngebieten als Ferienwohnungen zweckentfremdet werden. Zum Glück ist dies nur ein kleiner Teil, der dort als Ferienwohnung genutzt wird. Ich persönlich habe in meinen 8 Jahren als Makler nur sehr wenige Immobilien gesehen wo dies der Fall ist.

    Die Problematik liegt nicht nur in den Baugenehmigungen, sondern auch in den B-Plänen in denen die  grundsätzliche Bebaubarkeit in den jeweiligen Gebieten geregelt ist. Die Verfahren dauern grundsätzlich zu lange und sind kompliziert. Hier würde ich mir ein vereinfachtes Verfahren wünschen um die Gebiete in denen hohe touristische Aktivitäten vorherrschen auch als solche in den B-Plänen gekennzeichnet werden und über ein vereinfachtes Verfahren entsprechend umzuwidmen. 
  3. Wie reagieren potenzielle Käufer oder Investoren auf die strengeren Regulierungen in Bezug auf die Ferienwohnungsvermietung?
    Unsere Mandanten wollen in aller erster Liniere klare Verhältnisse und fordern Sicherheit. Für Ferienwohnungen und Ferienhäuser ist die Baugenehmigung ausschlaggebend. Hinzu kommen die nutzbaren Quadratmeter – also die „echte“ Wohnfläche. Banken sprechen hier oft von der Netto-Wohnfläche, die auch für die Finanzierung eine immer größere Rolle bei der Kreditvergabe spielt. Je mehr Wohnraum reell zur Verfügung steht, desto attraktiver ist die Immobilie! Auch sind unsere Mandanten nicht mehr bereit die hohen Preise aus 2019 | 2020 zu zahlen. Zum Glück erfahren wir bei einem Großteil der Angebotspreise eine Bodenbildung und verzeichnen eine gestiegene Nachfrage sowohl nach Dauerwohnraum, als auch nach Ferienwohnungen & Häusern mit einem guten Preis-/Leistungsverhältnis. Im Vergleich zu 2019 haben die Preise im Schnitt um ca. 30% nachgegeben. Bei Toplagen ist es etwas weniger, da hier der emotionale Faktor eine größere Rolle spielt und oftmals wenig oder gar nicht finanziert wird. 
  4. Wie wirken sich die laufenden Überprüfungen und die Nutzungsuntersagungen auf den Wert von Ferienwohnungen und Dauerwohnungen aus?
    Die laufenden Überprüfungen und Nutzungsuntersagungen haben deutliche Auswirkungen auf den Immobilienmarkt auf Sylt, insbesondere bei Ferienobjekten. Trotz der strengeren Regulierungen bleibt die Nachfrage nach Ferienimmobilien ungebrochen hoch. Immobilien, die rechtlich als Ferienwohnungen genutzt werden dürfen, sind besonders begehrt, da sie Investoren eine sichere und rentable Grundlage bieten. Dies führt dazu, dass genehmigte Ferienwohnungen im Wert stabil bleiben oder sogar weiter steigen.Gleichzeitig verlieren Immobilien, die aufgrund der neuen Vorschriften nicht mehr als Ferienwohnung vermietet werden dürfen, an Attraktivität.

    In Verhandlungen fallen diese Objekte häufig um etwa 10 % im Preis, da sie für Investoren, die auf Ferienvermietungen setzen, weniger interessant sind. Diese Immobilien müssen nun als Dauerwohnungen genutzt werden, was sich negativ auf den Kaufpreis auswirkt. Darüber hinaus führt die verstärkte Kontrolle dazu, dass viele Eigentümer, die ihre Wohnungen nicht mehr für die Ferienvermietung nutzen dürfen, diese aus dem Ferienwohnungsmarkt nehmen und stattdessen zur Langzeitvermietung anbieten. Dies erhöht das Angebot an Mietwohnungen für Einheimische, was den Markt für Dauerwohnungen etwas entlastet, während Ferienobjekte aufgrund ihrer hohen Nachfrage weiter im Fokus der Investoren stehen. Insgesamt stabilisiert sich der Markt für Ferienwohnungen durch die strengen Regulierungen, während Dauerwohnungen durch das erhöhte Angebot etwas an Wert verlieren.
  5. Gibt es eine Möglichkeit, bestehende illegale Ferienwohnungen zu legalisieren, und wie unterstützen Sie als Makler dabei?
    Ja, unbedingt! Es gibt definitiv Möglichkeiten, bestehende illegale Ferienwohnungen zu legalisieren, und wir als Makler unterstützen unsere Kunden dabei umfassend. Wir arbeiten eng mit Architekten zusammen, nehmen Einsicht in die Bauakten und begleiten den gesamten Prozess bis zur Genehmigung. Gerade erst haben wir es geschafft, drei Hausteile in Tinnum nachträglich genehmigen zu lassen, und konnten dort sogar die Schlafräume im Keller offiziell deklarieren. Der gesamte Prozess hat zwar über 6 Monate gedauert, aber es hat sich absolut gelohnt. Bevor man diesen Schritt geht, bieten wir eine Ersteinschätzung an, die etwa eine Woche dauert. So wissen wir bereits im Voraus, ob sich der Aufwand lohnt oder ob es besser wäre, das Projekt nicht weiter zu verfolgen. Mit dieser Analyse schaffen wir Klarheit und unterstützen unsere Kunden optimal bei der Entscheidungsfindung.
  6. Welche Rolle spielen die Ferienwohnungen für die lokale Wirtschaft, und wie könnte eine Reduzierung des Angebots den Tourismus beeinflussen? 
    Eine Reduzierung des Angebots an Ferienwohnungen hätte erhebliche Einbußen zur Folge. Sylt lebt vom Tourismus, und die Vermietung von Ferienimmobilien ist die Grundlage für das funktionierende Wirtschaftssystem der Insel. Zahlreiche Branchen sind direkt oder indirekt davon abhängig: Vermietungsagenturen, Reinigungskräfte, Verwalter, Hausmeister, Handwerker, Garten- und Landschaftsgärtner, aber auch die Gastronomie und der Einzelhandel – alle würden große Einbrüche erleben. Darüber hinaus hätte dies negative Auswirkungen auf den gesamten Standort Nordfriesland. Langfristig würden Besucherzahlen ausbleiben, Betriebe müssten schließen, und der Fachkräftemangel würde sich weiter verschärfen. Die Ferienvermietung ist also ein essenzieller Bestandteil der lokalen Wirtschaft und des Tourismus, der für Sylt von zentraler Bedeutung ist.
  7. Wie schwer ist es für Eigentümer, ihre Immobilien nach einer Nutzungsuntersagung weiter gewinnbringend zu nutzen?
    Nach einer Nutzungsuntersagung haben Eigentümer im Grunde nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie nutzen die Wohnung selbst als Erst- oder Zweitwohnsitz, sofern sie sich den Luxus leisten können, die Immobilie über weite Teile des Jahres leer stehen zu lassen, oder sie vermieten die Wohnung fest an einen Insulaner oder ein Sylter Unternehmen. Wir haben seit dem NDR-Bericht vor einigen Wochen einen starken Zufluss an Mietobjekten und finden recht schnell zuverlässige Nachmieter. In der Regel findet sich innerhalb weniger Wochen ein passender Nachmieter, sodass der Eigentümer weiterhin mit stabilen Einnahmen rechnen und beruhigt schlafen kann.
  8. Welche Maßnahmen könnten Ihrer Meinung nach helfen, den Konflikt zwischen den Bedürfnissen der Einheimischen und den Ansprüchen der Ferienwohnungsvermieter zu entschärfen?
    Beide Seiten müssen am Ende als Gewinner aus diesem Konflikt hervorgehen. Es ist wichtig, dass ein Miteinander entsteht, bei dem sowohl die Bedürfnisse der Einheimischen als auch die Ansprüche der Ferienwohnungsvermieter respektiert werden. Ein zentraler Schritt dazu ist, faire Mieten anzubieten, die es den Syltern ermöglichen, weiterhin hier zu leben und Teil dieser besonderen Gemeinschaft zu bleiben. Gleichzeitig werden bereits großartige Projekte ins Leben gerufen, die zeigen, dass ein Ausgleich möglich ist. Die KLM plant und baut derzeit über 400 neue Objekte auf der Insel – eine echte Chance für die Zukunft! Der Dünenpark in List ist ein wahres Vorzeigeprojekt, das speziell für die Insulaner geschaffen wurde. Das zeigt: Wenn wir zusammenhalten, gibt es genug Platz für alle. Für mich steht fest, dass wir genügend Wohnraum für jeden haben – was wir brauchen, ist Klarheit darüber, was jeder Einzelne tun darf und kann. Wenn die Politik dafür sorgt, dass pragmatische und schnell umsetzbare Lösungen geschaffen werden, können wir diesen Konflikt wirklich entschärfen. Am Ende profitieren alle davon – Einheimische, Vermieter und die ganze Insel. Sylt kann nur dann strahlen, wenn wir gemeinsam dafür sorgen, dass hier Platz und Raum für alle ist.

  9. Wie beeinflusst die aktuelle Entwicklung der Ferienwohnungsregulierung das Vertrauen von Investoren und den zukünftigen Immobilienmarkt auf Sylt?
    Wir sind zuversichtlich, dass sich der Immobilienmarkt auf Sylt zum Ende des Jahres positiv entwickeln wird. Das letzte Quartal zeigt bereits erste vielversprechende Anzeichen einer Trendwende. Diese Entwicklung ist nicht nur auf die Zinssenkungen zurückzuführen, sondern auch darauf, dass genehmigte Ferienwohnungen zunehmend an Beliebtheit gewinnen. Zwar legen Investoren bei ihrer Suche verstärkt Wert auf Sicherheiten in Form von Genehmigungen und der maximalen Vermietbarkeit, und der Preis spielt eine größere Rolle als noch vor vier Jahren, insbesondere angesichts der aktuellen Zinsen von knapp 3,75 %. Investoren, die in den letzten fünf Jahren gekauft haben und jetzt verkaufen möchten, sehen jedoch einige Herausforderungen, da die Nachfrage zurückgegangen ist. Trotz dieser Schwierigkeiten bleiben wir optimistisch! Wir glauben fest daran, dass sich neue Chancen für Investoren ergeben werden und die Zukunft vielversprechend aussieht. Sylt ist und bleibt ein Sehnsuchtsort und hat bisher jeder Krise getrotzt! 
Immobilien Team Dau und Beyer
v. l. n.r Martin Dau, Markus Eckert, Michael Beyer und Daniel Heim.

Herzlichen Dank für das Interview. Hier geht es zum ersten Teil der Sylter Immobilienserie. Unsere neue Sylter Immobilienserie in Zusammenarbeit mit Dau & Beyer Immobilien, einem renommierten lokalen Makler auf Sylt.

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