Montag, Mai 19, 2025

Sandvorspülung auf Sylt – Küstenschutz gegen die Kraft des Meeres

Einblicke in eine der wichtigsten Maßnahmen zum Erhalt der Insel

Die Nordseeinsel Sylt ist nicht nur ein beliebtes Urlaubsziel, sondern auch eine der am stärksten von Erosion bedrohten Regionen Deutschlands. Die natürliche Kraft von Wellen, Wind und Sturmfluten nagt kontinuierlich an den Stränden und Kliffs. Um die Küstenlinie zu stabilisieren und Landverluste zu verhindern, wird seit Jahrzehnten auf ein zentrales Instrument des technischen Küstenschutzes gesetzt: die Sandvorspülung.

Sandvorspülung
Das Sand / Wasse r- Gemisch durchläuft das Rohrsystem und tritt am Ende des Rohrs aus.

Warum Sand aufgespült wird

Sylt verliert jedes Jahr erhebliche Mengen Sand durch Erosion – besonders in sturmreichen Wintern. Ohne Gegenmaßnahmen könnte die Insel langfristig an Breite verlieren oder gar geteilt werden. Besonders betroffen sind die Westküste mit dem Roten Kliff bei Kampen, Westerland, aber auch der Süden bei Hörnum. Die Sandvorspülung ist daher essenziell, um:

  • den Küstenrückgang zu stoppen,
  • den natürlichen Wellenbrecher, den Strand, wiederherzustellen,
  • den Schutz für Dünen, Deiche und Infrastruktur zu gewährleisten.

So funktioniert die Sandvorspülung

1. Sandgewinnung vom Meeresboden

Der Sand wird in einer Entfernung von etwa 8 bis 10 Kilometern vor der Küste mit sogenannten Hopperbaggerschiffen vom Meeresboden entnommen. Dabei handelt es sich um saugende Spezialschiffe, die große Mengen Sand aufnehmen können – meist aus Bereichen mit ähnlicher Körnung wie der Sylter Strand.

2. Transport zur Küste

Der aufgenommene Sand wird in einem Zwischenschritt in Spülschiffe oder sogenannte „Rainbowing-Schiffe“überführt. Diese bringen den Sand in unmittelbare Küstennähe.

Sandvorspülung mittels des sogenannten Rainbow-Verfahrens: Da das Saugbaggerschiff aufgrund der geringen Wassertiefe seine Bodenluken nicht öffnen kann, wird der aufgenommene Sand in einer Wasser-Sand-Mischung unter hohem Druck zur Küste gepumpt. Der dabei entstehende gebogene Strahl – der an einen Regenbogen erinnert – gab dem Verfahren seinen Namen.

Das Schiff in Küstennähe
Das Schiff in Küstennähe

3. Aufspülen an den Strand

Mittels großer Rohrleitungen, die über mehrere hundert Meter ins Meer hinausreichen, wird der Sand in einer Wasser-Sand-Mischung an die Küste gespült. Dort verteilt er sich zunächst unkontrolliert, wird aber anschließend durch Planierraupen und Bagger in die gewünschte Form gebracht.

sandvorspülung westerland
Die Rohleitungen geben den Weg und das Ziel vor

4. Modellierung eines künstlichen Strandes

Der neue Strand wird in Höhe und Breite den natürlichen Gegebenheiten angepasst. Er soll zum einen die Energie der Wellen abfangen und zum anderen so beschaffen sein, dass er sich harmonisch in das bestehende Ökosystem einfügt.

Die Modellierung wird am Strand vorgenommen
Die Modellierung wird am Strand vorgenommen

Kosten und Finanzierung

Eine Sandvorspülung auf Sylt ist kostspielig: Etwa 5 bis 10 Millionen Euro pro Jahr werden investiert, je nach Umfang. Die Finanzierung erfolgt in einer gemeinsamen Verantwortung von Bund, Land Schleswig-Holstein und dem Küstenschutzverband der Insel Sylt (KIS).

„Von 1972 bis 2024 wurden rund 61,3 Mio. Kubikmeter Sand aufgespült. 6,9 Mio. Kubikmeter davon
wurden in den Vorstrandbereich gespült.“ Quelle: LKN.SH Faltblatt

Wirkung und Kritik

Die Sandvorspülungen gelten als erfolgreich, weil sie den Inselkörper stabilisieren und Schutz bieten. Gleichzeitig sind sie keine dauerhafte Lösung, denn der aufgespülte Sand wird in den kommenden Jahren wieder durch das Meer abgetragen. Es handelt sich also um einen zyklischen, permanenten Eingriff.

Kritiker verweisen auf den hohen Energieeinsatz, mögliche Auswirkungen auf marine Lebensräume und die Frage der Nachhaltigkeit. Alternativen wie harte Küstenschutzbauwerke (z. B. Buhnen oder Wellenbrecher) kommen auf Sylt aus ästhetischen und ökologischen Gründen jedoch nicht zum Einsatz. Die erhofften Effekte durch den Einsatz von Buhnen und Tetrapoden blieben – vereinfacht gesagt – weitgehend aus.

Lesetipp: Tetrapoden – von Küstenschutz zu Kunst (Wirkung der Tetrapoden)

Ausblick

Angesichts des steigenden Meeresspiegels und zunehmender Extremwetterlagen bleibt die Sandvorspülung ein zentraler Baustein im Kampf gegen den Klimawandel auf lokaler Ebene. Experten rechnen damit, dass die Maßnahmen in den kommenden Jahrzehnten sogar verstärkt werden müssen, um die Insel langfristig zu erhalten.

Quellen:

  1. Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein (LKN.SH) – www.schleswig-holstein.de
  2. Küstenschutzverband Insel Sylt (KIS) – www.insel-sylt.de
  3. Umweltbundesamt – Themenseite Küstenschutz: www.umweltbundesamt.de
  4. NDR Doku: „Sylt im Kampf gegen das Meer“, 2022
  5. Fachartikel in: Die Küste, H. 89 (2022): „50 Jahre Sandvorspülung – Bilanz und Perspektiven“

Text und Fotos: Stefan Kny

Stefan Kny
Stefan Kny
Stefan Kny ist Verleger, Journalist und Chefredakteur. Auf syltexklusiv.com schreibt er mit Begeisterung über das, was ihn bewegt: von Ausstellungen und Autotests bis hin zu neuen Themenwelten, die auf Sylt beginnen – oder dort ihre ganz eigene Tiefe entfalten.

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