SyltKrimi, Dünengrab Teil 16

In unserem Fortsetzungskrimi geht es heute mit Teil 16 von Dünengrab weiter.  Hier startet der Fortsetzungskrimi.

Mit dem Sonnenaufgang legte sich der Sturm und es schien, als hätten die Naturgewalten ihre Flagge auf Halbmast gesetzt, um den beiden Toten zu gedenken. Die Nordsee war still.

Im Larsenhaus dagegen ging es zu wie in einem Bienenstock.

Ein halbes Dutzend Männer in weißen Papieroveralls sicherten Spuren, machten Fotos und durchsuchten das Haus.

Auf der Auffahrt standen zwei Leichenwagen.

Hansen und Heike waren unmittelbar nach dem Spurensicherungsteam eingetroffen. 

Alle verrichteten schweigend ihre Arbeit. Es wurde nur das Nötigste gesprochen. Das Team der Wache Sylt war fast vollständig anwesend, nur die beiden Kollegen von der Nachtschicht waren im Bürocontainer in Westerland geblieben.

Günther Flackner hatte in seinem Leben schon viele Leichen gesehen, aber immer noch berührte es ihn, wenn er an einen Tatort kam.

Bente kannte ihn aus ihrer Zeit in Husum. Er war der Leiter des Spurensicherungsteams.

»Hast du schon etwas für mich?«

Bente stellte sich neben ihn.

»Tragische Geschichte!«

Er schüttelte verständnislos den Kopf.

»Sieht so aus, als passe das Sprichwort: Die Strafe folgt auf dem Fuße!«

Sie befanden sich in Svea Larsens Schlafzimmer und Flackner wies auf den abgeklebten Umriss des Leichnams.

»Larsen muss seine Frau im Schlafzimmer überfallen haben. Sie hat sich gewehrt, es gibt Spuren eines Kampfes.«

Er zeigte auf den Nachttisch und die umgefallene Lampe.

»Das Tuch habe ich zum Krankenhaus geschickt, das liegt am nächsten dran. Ich will nicht, dass sich die Spuren des Chloroforms verflüchtigen. Die haben zugesagt, es zu analysieren!«

»Gut!«

Bente war froh, Flackner hierzuhaben. Sie vertraute ihm.

»Er muss seiner bewusstlosen Frau die Schlinge um den Hals gelegt und dann das Seil über den Balken geworfen haben, um sie daran hochzuziehen. Natürlich gibts noch eine genau Obduktion, aber die Todesursache ist relativ klar.«

»Er wollte es also so aussehen lassen, als ob sie Selbstmord begangen hat.«

Flackner reibt sich das Kinn.

»Ja! Er hätte das Seil verknoten, einen umgekippten Stuhl hinstellen und das Chloroformtuch mitnehmen müssen, dann hätte es nach Selbstmord ausgesehen. Aber das Eintreffen deiner Kollegen hat ihn bei der Vollendung seines Plans gestört.«

»Jedenfalls hat er seine gerechte Strafe erhalten!«, seufzte Bente.

Sie verließen den Tatort und gingen hinaus zu der Grube, in die Bente vor ein paar Stunden beinahe hineingefallen wäre.

»Die Grube ist frisch ausgehoben worden. Es hat bis 21:30 Uhr geregnet und es steht kein Wasser im Loch.«

Bente sah in das mittlerweile geräumte Grab hinein und sofort tauchte das Bild des toten Benno Larsens vor ihren Augen auf. Seine Schläfe und die Stirn waren eingeschlagen gewesen.

»Es sieht so aus, als wäre er in der Hektik der Flucht in das von ihm geschaufelte Grab gefallen. Dabei hat er sich den Schädel an der Schaufel aufgeschlagen, die bereitstand, um es wieder zuzuschaufeln.«

Bente rekapitulierte die Ereignisse. Benno Larsen hatte maximal eine Minute Vorsprung gehabt, allerdings hatte die Dunkelheit es unmöglich gemacht, irgendetwas zu sehen. Larsen musste, kurz bevor sie mit dem Kollegen das Loch erreicht hatte, in den Tod gestürzt sein.

»Er hatte Handschuhe an, an denen wir Fasern des Seils gefunden haben. Fußspuren der Stiefel, die er trug, passen zu denen im Schlafzimmer und in seiner Jackentasche befand sich ein Fläschchen Chloroform.«

Flackner zuckte mit den Schultern.

»Eine genaue Laboranalyse bekommst du noch, aber alles passt zusammen! Seinen Wagen haben wir 200 Meter weiter an der Gabelung zum Dünenweg sichergestellt.«

Bente nickte gedankenverloren.

»Fehlt nur noch das vermisste Au-pair-Mädchen!«

Beide blickten über den Küstenstreifen.

»Wird schwierig, sie zu finden, aber irgendwann gibt die Natur sie frei.«

»Ich kümmere mich ums Labor, damit wir die Ergebnisse so schnell wie möglich haben!«

Ihre Unterhaltung wurde durch Bentes Handy unterbrochen. Flackner ging zurück ins Haus und Bente nahm das Gespräch entgegen. Es war eine Nummer aus dem Ausland.

»Brodersen!«, meldete sie sich.

»Wissner, Constantin Wissner. Unser gemeinsamer Freund Harro Hamkens bat mich, sie anzurufen.«

»Sie sind von Europol?«

»Ja, ich habe etwas für sie. Juliette Durand beging vor 5 Jahren Selbstmord.«

»Selbstmord?«, wunderte sich Bente.

»Sie hatte einen Verkehrsunfall, aber der war nicht tödlich. Sie hat sich einen Tag später im Krankenhaus das Leben genommen. Ich maile Ihnen die Unterlagen!«

»Danke für Ihre Mühe!«

»Danken Sie nicht mir, sondern Harro. Er hatte einen gut bei mir!« 

Damit legte Wissner auf und Bente sah Heike den Trampelpfad auf sich zugehen.

Tränen liefen über das Gesicht ihrer jungen Kollegin. Dies waren ihre ersten Leichen.

»Warum?«, schluchzte Heike fassungslos.

Bente unterdrückte den Impuls, sie in den Arm zu nehmen. Stattdessen legte sie ihr die Hände auf die Schultern und sah sie ernst an.

»Das ist die Frage! Lass uns diesen Dreesen besuchen und Torben Niemann werden wir auch vorladen, der wird mit uns reden müssen!«

»Hansen hat jeden verfügbaren Mann für dich abgestellt, aber das kommt jetzt wahrscheinlich zu spät.«

»Es ist nicht Hansens Schuld, er hat richtig entschieden! Ich hatte ein mulmiges Gefühl und hätte mich mit meinem Bulli auf die Auffahrt stellen sollen! Höre immer auf dein Gefühl, Heike! Versprich mir das!«

»Ja! Das verspreche ich!«

Heike lächelte tapfer.

»Sieh dich hier um, lass alles auf dich wirken und dann denke scharf nach!«

»Was meinst du?«

»Der Fall ist noch nicht abgeschlossen!«

Bente drehte sich um und ging entschlossen den Weg zurück zum Haus. Ulrike wartete noch im Bus und brauchte einen Spaziergang.

»Du meinst Juliette Durand?«

»Jep, auch!«

»Du hoffst, dass sie noch lebt?«

Abrupt blieb sie stehen und drehte sich zu Heike um.

»Dessen bin ich mir sicher! Lagebesprechung in einer Stunde in der Wache. Ich will, dass alle anwesend sind!«

In Kooperation mit der Krimi-Autorin Krinke Rehberg präsentieren wir Ihnen den fesselnden Syltkrimi Dünengrab in mehreren Teilen. Jeden Samstag erscheint morgens ab 8.00 Uhr ein neuer Teil, des SyltKrimis. Lehnen Sie sich zurück, lassen Sie sich mitreißen und verpassen Sie Woche für Woche keine Folge des SyltKrimis. Wir lesen uns am kommenden Samstag mit Folge 17 wieder. Titelbild: Unis Riba/Shutterstock.com

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