SyltKrimi, Dünengrab Teil 8

In unserem Fortsetzungskrimi geht es heute mit Teil 8 von Dünengrab weiter.  Hier startet der Fortsetzungskrimi.

Im Haus der Larsens brannte in allen Zimmern auf beiden Etagen das Licht.

Beleuchtung war eines der wichtigsten Kriterien beim Verkauf einer Immobile, predigte Benno Larsen seinen Kunden und ging, weithin sichtbar, mit gutem Beispiel voran. Auch wenn er dieses Anwesen niemals zum Verkauf anbieten würde!

»Sie schläft tief und fest!«

Svea kam in die große Wohnküche und ließ sich auf einen Stuhl fallen.

»Es war ein aufregender Tag für sie. Erst die Polizei im Haus und natürlich fragt sie nach Juliette!«

Ihr Mann reagierte nicht. Er nahm eine Flasche Champagner aus dem Kühlschrank und öffnete sie.

»Wie kannst du jetzt Champagner trinken? Juliette wird vermisst!«

»Die taucht schon wieder auf und außerdem haben wir nichts anderes als Champagner und ich brauche einen Drink. Du solltest auch ein Glas trinken, um dich zu beruhigen!«

Er vermied es, sie anzusehen.

»Dann gib mir auch einen!«, seufzte sie.

»Hoffentlich ist ihr nichts passiert, Benno. Ich habe kein gutes Gefühl!«

»Was soll ihr passiert sein? Ihr Pass und ihr Handy sind weg. Sie wird irgendwo auf einer Party abhängen.«

»Juliette? Sprichst du von unserer Juliette?«

Er zuckte mit den Schultern, als ob es ihn nicht interessierte.

Svea nippte am Champagner. Er war eiskalt und perlte am Gaumen.

»Weshalb war Maik heute so schnell zur Stelle?«

Svea wunderte sich erst jetzt über sein plötzliches Auftauchen. Maik war der Anwalt ihrer Familie, lange bevor sie Benno kennengelernt hatte.

Er war es auch gewesen, der sie zu einem Ehevertrag gedrängt hatte. Nicht, dass er Benno nicht über den Weg traute, aber das Familienvermögen sollte nicht durch eine eventuelle Scheidung gefährdet werden.

Anfangs hatte Svea sich gefürchtet, Benno davon zu erzählen, aber er hatte es relativ gelassen aufgenommen.

»Hauptsache, unsere Kinder sind versorgt!«, hatte er gesagt und ihr damit zu verstehen gegeben, dass er Kinder mit ihr wollte.

Sie war im siebten Himmel gewesen. Sie hatten sich zweimonatige Flitterwochen in Südfrankreich, Spanien und Marokko gegönnt, bevor sie dieses Anwesen auf Sylt gekauft hatte.

Ein Jahr später war Jördis zur Welt gekommen. Ihr Sonnenschein!

»Ich hatte Maik gesagt, er möchte auf die Insel kommen, um ihm zwei Häuser zu zeigen. Er ist immer auf der Suche nach Anlageobjekten.«

Svea nickte und dachte daran, dass sie die Kommissarin wegen ihres Alibis belogen hatte.

Aber was hätte sie tun sollen?

Diese Bente Brodersen hatte explizit nachgefragt und würde mit Sicherheit ihr Alibi überprüfen.

Sie musste es Benno sagen. Heute, jetzt!

»Benno, wir müssen reden!«

Er stand mit dem Rücken zu ihr, schaute hinaus in den illuminierten Garten und reagierte nicht.

Svea wartete einen Moment, aber er blieb stur so stehen, als ob er es ahnte.

Sie nahm einen großen Schluck aus dem Glas, bevor sie sich traute.

»Juliette ist schwanger, ich habe gehört, wie die Polizei darüber gesprochen hat. Bist du der Vater?«

»Hältst du mich für so dumm?«

»Hast du ein Verhältnis mit ihr?«

»Sie ist lesbisch, soweit ich informiert bin.«

Svea nickte und legte sich die nächsten Worte zurecht.

»Es tut mir leid, aber ich möchte die Scheidung!«

Sie konnte und wollte diesen Entschluss nicht scheibchenweise präsentieren, sondern geradeheraus und direkt. Wie ein Pflaster, das von der Haut gezogen werden musste.

Dieser Satz lag ihr seit Wochen auf der Zunge und nun, da sie ihn endlich ausgesprochen hatte, fühlte sie den Druck von sich abfallen.

Benno sagte keinen Ton, drehte sich noch nicht einmal um, sondern blieb bewegungslos stehen und nippte an seinem Champagnerglas.

»Hast du gehört, was ich gesagt habe, Benno?«

»Ja, klar und deutlich!«

»Können wir das wie zivilisierte Menschen besprechen, bitte?«

Er ignorierte sie weiterhin.

Sie spürte ihr Herz klopfen und hörte das Blut in ihren Ohren rauschen.

»Ich bin nicht mehr glücklich, wir sind nicht mehr glücklich!«, rief sie in dem verzweifelten Versuch, ihn zu einer Aussage zu bringen.

Dass er ihr einfach gleichgültig den Rücken zuwandte, machte sie nervös und wütend.

»Zwischen uns klafft ein riesiges Loch der Einsamkeit. Das musst du doch auch fühlen!«

Intimitäten zwischen ihnen gehörten längst der Vergangenheit an und außer ihrer gemeinsamen Tochter hatten sie keine Gesprächsthemen.

Sie war sich nicht sicher, ob und wenn ja, wie viele Affären er hatte und es war ihr schon lange egal.

»Ich weiß, wir streiten uns nicht, aber wir leben in diesem Haus wie Fremde aneinander vorbei.«

Sie versuchte, zu ihm durchzudringen, aber er stand einfach nur da und schwieg.

»Du kannst doch nicht glücklich sein!«

Sie starrte auf seinen Rücken und spürte das heftige Verlangen, ihr Glas nach ihm zu werfen, nur um irgendeine Reaktion zu bekommen.

Plötzlich drehte er sich herum. Sein Gesicht war versteinert, seine Stimme emotionslos.

»Sonst noch was?«

»Äh, ja, nein, also ich ….!«

Svea war überrascht, sie hatte mit Aggression und Wut gerechnet. Stattdessen sprach er zu ihr wie zu einem Kind.

»Ich will niemandem von uns die Schuld geben, es ist nur… einfach nur… da ist nichts mehr zwischen uns!«

Sein Blick haftete ausdruckslos auf ihrem Gesicht.

»Das kommt ja genau im richtigen Augenblick!«

Mehr sagte er nicht. In seiner Stimme schwang weder Trauer, noch Wut oder Ärger mit.

Benno startete keinen Versuch, es ihr auszureden, sie zu überzeugen, dass ihre Ehe zu retten sei.

Bewegungslos wie ein Schrank stand er vor ihr. Jetzt wünschte sie sich, er würde ihr wieder den Rücken zuwenden, denn seine Augen waren kalt.

Sie fragte sich, wie sie sich jemals in ihn verlieben konnte.

»Lass es uns ohne Streit beenden, um Jördis willen. Sie soll nicht darunter leiden!«

»Okay! Wenn es das ist, was du willst!«

Svea war erleichtert. Mit seinem raschen Einlenken hatte sie nicht gerechnet, dennoch ärgerte sie sich insgeheim über seine Gleichgültigkeit und Gefühlskälte.

»Wie heißt er?«

Erschrocken wandte Svea den Blick ab.

»Was, wer?«

»Du weißt, wen ich meine, Svea. Wie heißt deine kleine Affäre, mit der du dich heimlich triffst, wenn du sagst, dass du im Fitnessstudio bist?«

Woher weiß er?

Warum hat er nichts gesagt?

»Es war nicht geplant. Das ist einfach geschehen und hat nichts mit uns zu tun. Ich war schon unglücklich, bevor ich Torben kennengelernt habe.«

»Torben also!«

»Wie lange weißt du es schon?«

Er antwortete nicht, sah sie nur kalt an. Ein Frösteln überzog ihren Körper.

Sie hatten sich so bemüht, unerkannt zu bleiben, gerade auch wegen Torbens politischer Karriere im Kieler Landtag.

»Und du liebst ihn?«

Benno fuhr mit seinem Zeigefinger auf der Tischplatte im Kreis, ganz langsam. 

Er machte ihr Angst. Warum brüllte er sie nicht an oder beschimpfte sie?

Tränen traten in ihre Augen. Vielleicht war er nicht fähig, Gefühle zu zeigen. Beinahe hatte sie Mitleid mit ihm.

»Du musstest es mir sagen, weil du die Polizei angelogen hast, richtig?«

Mit einem Mal huschte ein Gewinnerlächeln über sein Gesicht. Ganz kurz, aber für Svea eindeutig zu erkennen.

»Ein falsches Alibi kann dir Ärger einbringen!«

Das Blut schoss ihr in den Kopf. Sie fühlte, wie sich ihre Gesichtsfarbe änderte.

»Lass uns damit aufhören, Benno. Du machst mir Angst!«

»Ich gebe das morgen an Maik weiter. Er wird die Scheidung für uns aufsetzen!«

Mehr sagte Benno nicht.

»Danke!«

Sie war froh, dass das Gespräch beendet war. Wie gern würde sie jetzt mit Torben reden. Aber er hatte sich nicht bei ihr gemeldet. Sie hatte es zig Mal auf seinem Handy versucht.

Er war verschwunden, so wie Juliette.

Mach dich nicht verrückt. Es gibt für alles eine Erklärung!

Sie war müde.

Ein letztes Mal versuchte sie, Benno emotional zu erreichen.

»Es tut mir leid, Benno, so leid!«

Mit einem ruhigen Zug leerte er sein Glas, stellte es sanft ab, beugte den Kopf etwas vor und senkte seine Stimme zu einem bedrohlichen Flüstern. Seine Worte trafen sie wie ein tödlicher Messerstich.

»Sei dir sicher, Svea, das wird es!«

Er nahm sein Handy vom Tisch und ging wortlos hinaus.

In Kooperation mit der Krimi-Autorin Krinke Rehberg präsentieren wir Ihnen den fesselnden Syltkrimi Dünengrab in mehreren Teilen. Jeden Samstag erscheint morgens ab 8.00 Uhr ein neuer Teil, des SyltKrimis. Lehnen Sie sich zurück, lassen Sie sich mitreißen und verpassen Sie Woche für Woche keine Folge des SyltKrimis. 

Weiter geht es in Teil 9 SYLTKRIMI Dünengrab am kommenden Samstag. 

Titelbild: Unis Riba/Shutterstock.com

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