Donnerstag, November 21, 2024
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SyltKrimi, Dünengrab Teil 2

Spannung pur auf Syltexklusiv! In Kooperation mit der Krimi-Autorin Krinke Rehberg präsentieren wir Ihnen den fesselnden Syltkrimi Dünengrab in mehreren Teilen. Die perfekte Lesezeit ist gekommen: Jeden Samstag erscheint ein neuer Teil, der Sie tiefer in die Geheimnisse und Wendungen der Geschichte zieht. Lehnen Sie sich zurück, lassen Sie sich mitreißen und verpassen Sie Woche für Woche keine Folge mehr. Heute Teil 2. Teil 1 gibt es hier.

Kapitel 3

Der Streifenwagen der Sylter Wache fuhr den Kiesweg zum Anwesen der Larsens hoch.

Hauptkommissar Tammo Hansen hatte kurzerhand entschieden, die junge Heike Röder mit zu diesem Einsatz zu nehmen. Er hoffte, sie würde die hysterische Frau Larsen beruhigen können, sozusagen von Frau zu Frau. 

Eigentlich war er der Ansicht, Frauen hätten bei der Polizei nichts zu suchen, aber in diesem Fall war er über Röders Begleitung froh.

Heute war sein letzter Arbeitstag und er war zwiegespalten, was seine Pensionierung betraf.

Er hatte sich in den letzten 40 Jahren den Respekt und die Anerkennung seiner Kollegen und vieler Bewohner auf Sylt verdient. Entsprechend gelassen und routiniert leitete er die Wache, was ihm bei den Kollegen den Beinamen `Wanderdüne´ eingebracht hatte. Langsam, bedächtig, aber unaufhaltsam.

Hinter dieser scheinbaren Trägheit verbarg sich eine außergewöhnliche Beobachtungsgabe, die es ihm ermöglichte, die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Frau Larsen öffnete die Tür und führte sie durch das Haus hinaus in den Garten, bis zu der von ihr gefundenen Strickjacke. Ein Blick darauf ließ das Schlimmste befürchten.

Das Blut im Rückenteil der Jacke bedeutete nichts Gutes.

Frau Larsen starrte ihn angstvoll an und er beschloss spontan, Heike Röder mit ihr allein zu lassen.

»Ich habe meinen Notizblock im Auto liegen lassen.«, erklärte er und trat den Rückzug an.

Die Neue musste verständigt werden. Dies war nicht mehr sein Fall.

Hauptkommissarin Bente Brodersen übernahm die Dienststellenleitung der ungegliederten Kriminalpolizei auf Sylt.

Hansen rief in Husum an und bat seine Nachfolgerin, den nächsten Zug zu nehmen. 

Kaffeekränzchen, Vorstellungsrunde und Schreibtisch einräumen mussten verschoben werden, so spielte das Leben.

Dass im LKA in Kiel eine Frau auf den Posten berufen wurde, gefiel ihm nicht, aber er konnte den Lauf der Zeit nicht aufhalten.

Ein potenzielles Gewaltverbrechen wie dieses stellte für die Polizei Sylt eine Herausforderung dar, denn die kleine Abteilung der Kriminalpolizei verfügte lediglich über ein einziges Kommissariat. Die Neue würde mit seinem Team von Todesermittlungsverfahren bis zu Sachbeschädigung alles übernehmen.

Das Haus der Larsens war mit Glas, Metall und Beton eingerichtet.

Hansen bevorzugte die gute, alte Stube mit Holzschrank, Friesenkacheln am Ofen und Ohrensessel.

Er sollte mit der Befragung beginnen, solange Svea Larsen noch unter Adrenalin stand. In diesem Zustand war es den meisten Menschen nicht möglich, abzuwägen, welche Informationen nicht für die Ohren der Polizei bestimmt waren.

Bis Brodersen vor Ort sein würde, hätte Frau Larsen sich beruhigt.

Er ging zurück ins Haus und traf in der Küche auf Heike Röder und Svea Larsen.

»Wo ist Ihre Tochter jetzt?«

»Oben. Lisa, meine Nachbarin, kümmert sich um sie. Sie soll die Polizei im Haus nicht sehen.«

»Hat Ihre Tochter mitbekommen, dass Juliette das Haus verlassen hat?«

»Nein, sie hat geschlafen. Schon heute Morgen ist sie kaum aus dem Bett gekommen. Ich glaube, sie spürt den herannahenden Sturm und hat deshalb auch die letzte Nacht schlecht geschlafen. Ich achte darauf, dass sie noch regelmäßig Mittagsschlaf hält.«

Hansen nickte und verbarg seine Skepsis. Offenbar war Svea Larsen eine dieser übervorsichtigen Mütter. Wenn sie glauben wollte, dass ihre 3-jährige Tochter einen aufziehenden Sturm spürte, würde er nicht widersprechen. Er fühlte an manchen Tagen schließlich auch den Wetterumschwung in seinen alten Knochen.

»Kommt es öfter vor, dass Ihr Au-pair-Mädchen das Haus verlässt?«

Er zückte seinen kleinen Notizblock und den Ikea-Bleistift.

Viele Kollegen benutzten die Diktierfunktion ihres Handys, aber Tammo Hansen hielt nichts davon. Er schrieb in seinen Notizblock mit einem Ikea-Bleistift!

Das war sein Schreibgerät, wie auf ihn zugeschnitten. Sie müssten eigentlich Hansenstifte heißen. Er durfte nicht vergessen, seinen Vorrat aus der Schreibtischschublade zu nehmen, für Spiralblöcke und Bleistifte würde er auch in der Zukunft eine Verwendung finden!

»Sie hat nicht erwähnt, dass sie etwas vorhatte?«

»Nein! Sie würde niemals weggehen und Jördis allein im Haus lassen!«

Svea Larsen schüttelte vehement den Kopf.

»Hat sie einen Freund?«

»Juliette? Nein! Das wüsste ich!«

»Sie ist Ihr Au-pair-Mädchen, viele Mütter wissen nicht über die Freunde ihrer Töchter Bescheid!«

»Juliette und ich haben keine Geheimnisse voreinander. Sie ist nicht nur unser Au-pair, sondern gehört zur Familie.«

»Das klärt sich bestimmt von ganz allein auf und heute Abend lachen wir alle darüber.«, sagte Heike Röder zuversichtlich.

»Wollen Sie nicht verstehen, was ich sage? Ihr Rucksack liegt hier und ihr Motorroller steht vor der Tür und sie würde niemals die Kleine allein im Haus lassen. Niemals. Und diese Strickjacke ist mit Blut beschmiert und sie sagen mir, dass ich darüber lachen werde?«

»Was meine Kollegin sagen will, ist, dass wir noch nichts wissen und sich die allermeisten Vermisstenanzeigen als harmlos herausstellen.«, erklärte Hansen.

»Das hier ist nicht harmlos, das spüre ich! Neben dem Bett meiner Tochter im Kinderzimmer lag ein Küchenmesser aus dem Messerblock.«

»Welches Messer?«

Frau Larsen zeigte auf den geölten Holzblock, in dem akkurat ein halbes Dutzend unterschiedlich großer Messer steckte.

»Ich weiß es nicht genau, ich habe es einfach wieder zurückgesteckt!«

Das war ein Fall für die Spurensicherung, also nahm er keines der Messer in die Hand.

»War Blut an dem Messer?«

»Was? Sie glauben, dass Juliette erstochen worden ist?«

»Ich glaube gar nichts, Frau Larsen. Ich stelle nur Fragen.«

»Blut an einem Messer kann auch von einer ganz normalen Schnittverletzung herrühren, wie es im Haushalt tagtäglich passiert!«

Heike Röder startete einen erneuten Versuch, die Frau zu beruhigen, aber Svea Larsen bedachte sie nur mit einem verzweifelten Kopfschütteln.

»Wir checken gerade die Notaufnahme des Krankenhauses und die Ärzte auf der Insel.«, berichtete der Hauptkommissar unaufgeregt.

»Kann es sein, dass Ihr Mann sie eventuell mit in die Stadt genommen hat? Haben Sie ihn benachrichtigt?«

»Nein, er hat das Haus bereits gegen sechs verlassen. Mittwoch geht er morgens laufen und duscht dann im Büro.«

»Ihr Mann hat das Immobilien- und Anlagebüro in Westerland richtig?«

»Ja, das hat er. Ich habe ihn angerufen, er ist in einem Termin. Seine Sekretärin versucht, ihn zu erreichen.«

Hansen sah sich um und dachte, dass Makler zu viel Geld verdienten.

Dieses Haus konnte sich nicht einmal der Polizeipräsident leisten.

Frau Larsen erhob sich von ihrem Stuhl.

»Ich brauche jetzt Kaffee, Sie auch?«

»Das ist keine gute Idee, bitte fassen Sie nichts an, bis wir ein paar Spuren gesichert haben.«

»Also gehen Sie doch von einem Verbrechen aus? Oh Gott, ich wusste es!«

»Wie ich schon sagte, Frau Larsen, zum jetzigen Zeitpunkt glauben wir gar nichts und schließen auch nichts aus.«

Tammo Hansen schimpfte sich Lügen. Sein Instinkt sagte ihm etwas anderes.

»Ich gehe noch einmal raus in die Heide.«

»Jetzt? Es zieht ein Gewitter auf!«

»Ja, ich weiß. Heike, du leistest Frau Larsen Gesellschaft und schickst die SpuSi sofort zu mir raus, wenn sie kommt.«

Als er die Terrassentür hinter sich zuzog, hörte er noch, wie Heike Röder weit ausholte, um die Arbeit der Spurensicherung zu erklären.

Der Garten war nicht eingezäunt, sodass das Grundstück nahtlos in die Heidelandschaft und das angrenzende Wattenmeer überging.

Der Wind hatte aufgefrischt und drücke das Heidekraut zu Boden.

Hansen stellte sich in einiger Entfernung von dem Fundort der Jacke auf einen kleinen Hügel und sah sich konzentriert um. Wenn die Spurensicherung nicht sofort kommen würde, um den Weg des Au-pair-Mädchens nachzuvollziehen, wäre es zu spät! Das Gewitter näherte sich rasend schnell und er konnte die Starkregenfront von Röm herüberziehen sehen.

Vom Haus her winkte Heike Röder ihm zu. Offensichtlich war seine Nachfolgerin eingetroffen.

Titelbild: Unis Riba/Shutterstock.com

Weiter geht es in Teil 3 SYLTKRIMI Dünengrab am kommenden Samstag. 

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