In unserem Fortsetzungskrimi geht es heute mit Teil 12 von Dünengrab weiter. Hier startet der Fortsetzungskrimi.
In den Containern der Wache Sylt herrschte Hochbetrieb.
Bente rief die Kollegen zu einer Lagebesprechung zusammen.
Klemme hatte die Verkehrsdateien durchforstet.
»Der Motorroller ist vollkommen unauffällig, aber der SUV von Frau Larsen erhält regelmäßig eine Anzeige des Parkplatzbetreibers der Tiefgarage in der Andreas-Dirks-Straße.«
»Lassen Sie mich raten, immer freitags?«
Klemme nickte erstaunt.
»Ja!«
»Das bedeutet, sie sagt zumindest, was ihre Affäre angeht, die Wahrheit.«
»Der BMW von Benno Larsen ist vor 4 Monaten in Hamburg am Rothenbaum geblitzt worden, ansonsten unauffällig.«
Bente griff sich einen schwarzen Marker und stellte sich an das Clipboard.
Sie schrieb die Namen der Beteiligten auf und umrandete sie mit einem Kreis. Dann zog sie einige Verbindungslinien zwischen den Kreisen.
»Weshalb weigert sich Torben Niemann, mit uns zu sprechen und in welcher Verbindung steht dieser Anwalt Dreesen zu ihm? Das kann doch kein Zufall sein, oder?«
Bente stellte die Frage in den Raum.
»Heike, versuchst du bitte, herauszufinden, wem die Wohnung in der Andreas-Dirks-Straße gehört?«
Die junge Polizistin nickte und machte sich sofort an die Arbeit.
»Wenn Juliette von Benno Larsen schwanger ist, dann müssen sie sich außerhalb des Hauses getroffen haben.«, sagte Heike.
»Ich seh mal nach, ob ich da auch irgendwas finde!«
»Danke! Gute Idee!«
Bente bemerkte einen zarten Rotton auf Heikes Wangen und zwinkerte Hansen zu. Er schmunzelte vor sich hin.
Bente wandte sich an den fünften im Bunde.
»Entschuldigung, ich habe deinen Namen vergessen!«
»Nils, ich heiße Nils Tiemann!«, antwortete er. »Aber alle sagen Timme.«
»Klemme und Timme?«
Beide nickten grinsend.
»Das klingt nach Lolek und Bolek, Hanni und Nanni oder Pat und Patterchon.«
Sie sahen sich an und zuckten mit den Schultern.
»Gesucht und gefunden.«, seufzte Hansen theatralisch.
»Okay, ich möchte, dass ihr die Nachbarschaft und die Mütter der KITA, die die kleine Jördis besucht, befragt. Welchen Eindruck haben die von Juliette? Vielleicht ist jemandem etwas aufgefallen.«
»An was denken Sie da genau?«, fragte Timme unsicher.
Hansen rollte mit den Augen. Nils Tiemann stellte die falschen Fragen.
»Wenn ich das wüsste, Timme, müsstet ihr nicht fragen!«
Er nickte und beeilte sich, beschäftigt zu wirken, um aus Bentes Schusslinie zu kommen.
Mittlerweile war allen klar, dass die neue Kommissarin nicht gerade zimperlich im Umgang mit ihren Kollegen war.
»Larsen hat, so, wie es sich zurzeit darstellt, das Au-pair-Mädchen ausgesucht.«, sagte Hansen.
»Das ist jedenfalls die Aussage von Frau Larsen!«, erwiderte Bente.
»Sieht für mich aus, als hätte Larsen seine junge Geliebte ins Haus geholt!«
Bente dachte darüber nach. Irgendetwas störte sie an dem Gedanken.
»Das ist irgendwie krank, oder?«
»Mehr als das!«
Hansen stützte seine Ellenbogen auf den Tisch.
»Ich bin kein Profi, was Affären angeht, genau genommen hab ich noch nie eine gehabt und meine Frau würde mich um die Ecke bringen und im Garten verscharren.«
Er lässt ein kurzes Grinsen erkennen.
»Worauf willst du hinaus?«
»Denk mal drüber nach, Brodersen!«
»Was meinst du?«
»Stell dir vor, du bist die Geliebte von Benno Larsen…«
»Nein, das stelle ich mir ganz bestimmt nicht vor!«
»Ich denke, dass hier etwas ganz anderes gespielt wird, etwas wirklich Krankes!«
Bente runzelte die Stirn und sah ihn fragend an.
Hansen schwieg und hing seinen Gedanken nach.
»Und, kommt da noch was?«, rief sie schließlich gereizt.
»Eine junge Frau hat ein Verhältnis mit einem verheirateten Familienvater, richtig?«
Bente beobachtete Ulrike, die unterm Tisch hervorgekommen war und sich jetzt bei Hansen anbiederte.
Er streichelte sie fast automatisch, während er fortfuhr:
»Die willigt ein, zu seiner Frau und Tochter als Dienstmädchen zu ziehen?«
Bente sah überrascht auf. So hatte sie das noch nicht betrachtet.
»Das würde bedeuten, dass das Verhältnis zu Juliette Durand schon vorher existierte! Das bedeutet, er könnte von der falschen Identität gewusst haben, um bewusst etwas zu verschleiern. Nur was?«
»Ja, aber was hat das Mädchen davon?«
Bente war ganz Ohr.
»Sie zieht zu seiner Familie, als Dienstmädchen seiner Frau und macht 24 Stunden am Tag gute Miene zum bösen Spiel? Das glaubst du doch selbst nicht!«
Hansen hatte recht.
»Dafür muss es einen Grund geben. Niemand setzt sich so einem emotionalen Beziehungsstress freiwillig aus.«
»Vielleicht will sie ihrem Geliebten so nah wie möglich sein?«
Bente schüttelte den Kopf und verwarf den Gedanken.
»Sich jeden Tag den Ehealltag seines Geliebten mit dessen Frau und Tochter anzusehen, grenzt an Masochismus!«
Hansen rieb sich grübelnd das Kinn.
»Und sie ist schwanger!«
»Wenn Svea Larsen gewusst hat, dass Juliette von ihrem Mann ein Kind erwartet, ist das zumindest ein Motiv.«
»Du meinst, sie räumt Juliette aus dem Weg, weil sie von dem Mann ein Kind erwartet, den sie selbst mit diesem Torben Niemann betrügt?«
»Vielleicht ist es auch umgekehrt und Benno Larsen ist ausgeflippt, als er hörte, dass Juliette von ihm ein Kind bekommt?«
»Ich sag doch, das ist krank!«
Hansen schüttelte bedächtig seinen Kopf.
Bente geht ans Clipboard.
»Wenn wir deinen Gedanken weiterspinnen, dann müssen Benno Larsen und Juliette einen triftigen Grund für ihre Scharade haben.«
»Davon gehe ich aus, sowas macht man nicht, weil einem langweilig ist.«
»Die beiden verfolgen vielleicht einen gemeinsamen Plan.«
»Und welchen?«
»Wir haben einen Namen auf der Liste vergessen!«
»Und der wäre?«
Der alte Polizist kratzte sich am Bart.
Mit dem Marker zog Bente einen Kreis und schrieb etwas hinein. Hansen konnte es erst lesen, als sie beiseitetrat.
Jördis Larsen.
»Hol mich doch der ….!«
Er verschluckte das letzte Wort.
»Die Tochter?«
»Als Au-pair ist Juliette dem Kind sehr vertraut und es gewöhnt sich an die Geliebte ihres Vaters.«
»Okay, Brodersen, aber weshalb soll sich die Kleine an die Geliebte gewöh…«
Hansen stockte und riss seine Augen auf.
»Falls die Mutter plötzlich nicht mehr da sein sollte!«
Beide sprachen den Satz gleichzeitig aus und schwiegen dann schockiert. Stumm starrten sie auf das Clipboard, als Heike hereinkam.
Keiner der beiden nahm Notiz von ihr.
»Was ist denn hier los, meditiert ihr?«
Bente fing sich und schüttelte den Kopf. Es gab zu viele Wenn und Aber in diesem Gedankenspiel. Außerdem hatten sie noch nicht einmal eine Leiche. Sie informierte Heike über ihre Theorie und forderte sie auf, sich in die Lage des Au-pair-Mädchens zu versetzen.
Heikes Kommentar kam prompt und emotionslos.
»Niemals! Aber es gibt welche, die für Geld alles machen. Oder aus Rache!«
»Woran denkst du da? Was könnte sie für eine Motivation haben, sich so zu quälen?«
»Ich hab neulich diesen Film über Marianne Bachmeier gesehen. Die hat den Mörder ihrer Tochter im Gerichtssaal erschossen! Und irgendwie konnte ich sie verstehen.«
Bente staunte. Dieses Mädchen war unglaublich!
»Ich bin eigentlich gekommen, um dir zu sagen, dass vorne jemand für dich ist!«
In diesem Moment klingelte Bentes Handy. Heike und Hansen zuckten zusammen, aber sie schüttelte den Kopf und nahm das Gespräch an.
Nein, es handelt sich nicht um den Leichenfund des Mädchens!
»Flackner, endlich!«
Sie hörte zu.
»Ist mir vollkommen klar, dass sich Fingerabdrücke der Larsens an den Messern und dem Block befinden, schließlich benutzen sie sie tagtäglich. Ist Blut dran?«
»Ach so, auch gut! Und die Strickjacke?«
Heike und Hansen lauschen gespannt.
»Wie lange dauert das denn!«
Bentes Stimme war schneidend.
»Das interessiert mich alles nicht, Flackner! Ruf einfach an, wenn du Ergebnisse für mich hast!«
Damit legte sie auf.
Wieso geht bei diesem Fall so viel schief?
Bente setzte Hansen und Heike ins Bild.
»An keinem der Messer ist Blut. Das Labor ist am Wochenende nicht besetzt und für eine Sonderschicht braucht Flackner ne Begründung in Form einer Leiche oder so!«
Hansen räusperte sich.
»Also noch kein DNA-Abgleich zwischen Haaren des Mädchens und dem Blut auf der Strickjacke?«
Bente schüttelte den Kopf und wandte sich an Heike.
»Sorry, wer wartet vorne?«
»Eine Frau Sellering will dich sprechen. Sie fühlt sich von Benno Larsen bedroht!«
»Na super! Jeder fühlt sich von jedem bedroht! Wenn wir nicht aufpassen, bringen die sich alle gegenseitig um!«
In Kooperation mit der Krimi-Autorin Krinke Rehberg präsentieren wir Ihnen den fesselnden Syltkrimi Dünengrab in mehreren Teilen. Jeden Samstag erscheint morgens ab 8.00 Uhr ein neuer Teil, des SyltKrimis. Lehnen Sie sich zurück, lassen Sie sich mitreißen und verpassen Sie Woche für Woche keine Folge des SyltKrimis. Wir lesen uns am kommenden Samstag mit Folge 13 wieder. Titelbild: Unis Riba/Shutterstock.com.