Ein Besuch auf dem Charlottenhof in Klanxbüll zeigt, wie sich ländliche Kultur, Handwerk und nachbarschaftliches Miteinander zu einem überraschend stimmigen Frühlingserlebnis fügen.
Ostern steht vor der Tür – und als jemand, der seine Wochenenden meist auf Sylt verbringt und die Inselgeselligkeit zu schätzen weiß, freue ich mich bereits auf den Ostermarkt in Morsum. Doch bevor ich mich dort unter die flanierenden Insulaner, Zweitwohnungsbesitzern und Touristen mische, führte mich mein Weg vergangenes Wochenende aufs Festland, nach Klanxbüll. Dort, auf dem Charlottenhof, wurde zum alljährlichen Ostermarkt geladen. Ich kam mit Erwartungen, ging mit Erkenntnissen – und einem platten Reifen. Letzteres sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt.
Ein Vierkanthof mit Labyrinth-Charme
Was ich jedoch wirklich mitgenommen habe, sind zwei Beobachtungen, die weit über das kulinarische und kunsthandwerkliche Angebot hinausreichen. Und die, so meine ich, durchaus Relevanz für Veranstaltungen auch auf Sylt haben.
Zunächst zum Ort selbst: Der Charlottenhof – ein reetgedeckter Vierkanthof, einst landwirtschaftlich genutzt, heute liebevoll zum Kultur- und Veranstaltungshaus umgebaut – überrascht durch Größe und Labyrinth-Charme. Wer zum ersten Mal hier ist, fühlt sich leicht verloren, staunt dann aber umso mehr über die elegant hergerichteten Innenräume. Ich selbst entdeckte beim Verlassen durch ein friesisches Fenster einen Raum, den ich offenbar völlig übersehen hatte. Später fand ich heraus: Er lag versteckt hinter dem Stand eines Metzgers – ein malerischer Ort, wie geschaffen für Ausstellungen. Eine Ausstellerin erzählte mir, dass viele Besucher diesen Raum übersehen würden. Wenn die Tür im Haupteingang links offen wäre – aber das war sie nicht. Ein Übersichtsplan? Fehlanzeige. Ein Fall für Marketingstrategen, sicher – aber auch ein kleiner Denkanstoß: Wie erleben Gäste einen Ort beim ersten Besuch? Finden Erstbesucher sich gut zurecht?
Ostermarkt mit Herz, Duft und Handwerk
Der Ostermarkt selbst? Ein Fest für die Sinne. Zwischen Schmuck, handgetöpferten Schalen, fruchtigen Marmeladen und österlicher Dekoration ließ sich mühelos ein halber Tag verbringen. Kinder jagten wetterbedingt den versteckten Ostereiern hinterher, auch der Osterhase ließ es sich trotzdem nicht nehmen, persönlich vorbeizuschauen. Kulinarisch wurden beliebte Klassiker geboten und man schlenderte, kostete, blieb hängen.
Nachbarschaft, die ansteckt
Doch besonders beeindruckt hat mich eine Szene jenseits der Stände: die benachbarte Wohnsiedlung nutzte den Besucherandrang für einen eigenen Siedlungsflohmarkt. Vor hübsch dekorierten Gärten stapelten sich Trödelschätze, Nachbarn grillten Würstchen, backten Kuchen, boten Kaffee an – ein Gemeinschaftsgefühl, das ansteckend war. „Wenn das Wetter mitspielt und der Charlottenhof voll ist, machen wir das einfach“, sagte ein Nachbar. Und wieder waren wir bei einem Thema, das sich wie ein roter Faden durch diesen Tag zog: Wie viel kulturelle Kraft im Kleinen steckt, wenn Menschen gemeinsam etwas auf die Beine stellen.
Kultur entsteht im Miteinander
Zwischen dem Charme ländlicher Handwerkskunst und der improvisierten Herzlichkeit eines Siedlungsflohmarkts offenbarte sich ein einfaches, aber nachhaltiges Konzept: Kultur ist dort am lebendigsten, wo sie Menschen zusammenbringt. Und wo aus Fremden – beim Crêpe oder im Gespräch über alte Schallplatten – für einen Moment Nachbarn werden.
Vielleicht ist es das, was ich mit nach Hause genommen habe. Neben dem platten Reifen und einem ungewollt langen Schiebe-Spaziergang.
Hinweis der Redaktion:
Am Wochenende des 12. und 13. April findet im Muasem Hüs der traditionelle „Ostermarkt“ der Morsumer Kulturfreunde statt.
Vor einem Jahr fand der Ostereierlauf im Strönwai im Kampen statt, hier geht es zum Nachbereicht. 2025 freuen wir uns auf den 20. April.