Im Fokus der Natur: Simon Schwede und die faszinierende Robbenfotografie

Bei Instagram sind wir auf den beeindruckenden Account @robbenfotografie_sylt gestoßen, der die faszinierende Welt der Robben und die atemberaubende Natur Sylts in außergewöhnlichen Bildern einfängt. Hinter der Kamera steht Simon Schwede, ein Mann mit einem besonderen Blick für die Schönheit der Insel und einem großen Herzen für den Naturschutz. Wir haben ihn getroffen, um mehr über seine Leidenschaft, seine Highlights und seine Visionen zu erfahren.

1. Wie hat Ihre Begeisterung für die Fotografie von Robben und der Sylter Natur begonnen?

Ich habe meine erste Kamera im Alter von 7 Jahren an Weihnachten 1993 von meinen Eltern bekommen und schon damals am liebsten Tiere fotografiert. Und obwohl ich in einer Großstadt (Hamburg) aufgewachsen bin, habe ich mich in der Natur schon immer sehr viel wohler gefühlt. Gerade das Meer und seine Bewohner haben mich seit jeher fasziniert, vom kleinen Krill bis hin zum riesigen Blauwal.

Die erste Robbe, die ich dann vor die Linse bekam, war 1996 im Sylt-Urlaub die Kegelrobben-Dame Willi, die ja jahrzentelang im Hörnumer Hafen „zu Hause“ war.

Als ich im Jahr 2006 mit der Schule fertig war, bin ich dann zum Zivildienst nach Sylt gekommen und, wie so viele andere auch, einfach hier hängen geblieben und lebe jetzt seit mittlerweile über 18 Jahren auf der Insel. So richtig intensiv mit der Fotografie angefangen habe ich dann aber erst während des ersten Corona-Lockdowns 2020, und seitdem bin ich, wenn das Wetter mitspielt, fast täglich unterwegs.

Warum es mir dabei u.a. gerade die Seehunde und Kegelrobben angetan haben, liegt zum einen an der Herausforderung, sie überhaupt vor die Kamera zu kriegen, wo immer auch das Quäntchen Glück dazugehört, und zum anderen – lieben wir sie nicht alle?

2. Welche Botschaft möchten Sie mit Ihren Fotografien vermitteln?

In erster Linie geht es mir darum, zu zeigen, dass Sylt so viel me(h)er ist, als nur die „Promi-Insel“.

Neben wunderschönen Landschaften haben wir hier auch eine wundervolle, schützenswerte Tierwelt, was vielen Menschen, egal ob Insulaner oder Urlauber, gar nicht so bewusst ist, wie ich immer wieder feststelle. Im letzten Jahr hat mir beispielsweise eine liebe Followerin geschrieben, dass sie, dank meiner Fotos, die Natur auf Sylt ganz anders betrachten wird, wenn sie das nächste Mal hier Urlaub macht.

Seehund, Foto Simon Schwede
Seehund, Foto Simon Schwede

Und auch wenn ich mit meinen beiden Instagram-Accounts (@simonschwede / @robbenfotografie_sylt) gar nicht so die große Reichweite habe, sind das doch so Momente, wo ich merke, dass es nicht so ganz falsch ist, was ich tue. Wenn ich den Leuten mit meinen Bildern ein Lächeln ins Gesicht zaubern kann und vielleicht ein kleines Stückchen dazu beitrage, dass sie die Natur anders wahrnehmen, bin ich schon zufrieden. Letzten Endes mache ich das Ganze ja auch nur hobbymäßig in meiner Freizeit, ohne das Fotografieren jemals richtig erlernt zu haben.

3. Wie gelingt es Ihnen, die Robben in so eindrucksvollen Momenten abzulichten? Welche Technik kommt zum Einsatz?

Ich nutze meistens eine spiegellose Vollformatkamera und ein Objektiv mit 800mm Festbrennweite, um auch aus großem Abstand schöne Bilder von den Robben machen zu können. Das Wichtigste in der Wildtierfotografie sollte immer sein, nicht nur in Bezug auf Robben, die Tiere nicht zu stören. Nur wenn das Tier mit deiner Anwesenheit einverstanden ist und sich sicher fühlt, kann am Ende auch ein schönes Foto entstehen, mal mit entspanntem, mal mit neugierigem Blick. Das erfordert auch, dass man sich ein Stück weit mit dem natürlichen Verhalten der Tiere auskennt, welches man nur lernt, wenn man ihnen in freier Wildbahn begegnet. Wobei selbstverständlich auch jedes Tier, genau wie wir Menschen, über einen individuellen Charakter verfügt. Die eine Robbe ergreift schon die Flucht, wenn du noch hunderte Meter weit entfernt bist, während die andere noch freudig auf dich zugerobbt kommt und plötzlich wenige Meter neben dir liegt. Grundsätzlich ist das erste was ich mache, wenn ich am Strand eine Robbe sehe, mich hinzuhocken oder -legen, um weniger „bedrohlich“ zu wirken, dann versuche ich mir erstmal ein Bild über den Gesundheitszustand des Tieres zu machen, um es im Notfall über die Robben-App melden zu können, sollte es offensichtlich krank oder verletzt sein.

Das Wohl des Tieres sollte immer an erster Stelle stehen, und wenn ich merke, da passt irgendwas nicht, dann verzichte ich lieber aufs Foto.

4. Was waren 2024 Ihre persönlichen Highlights bei der Beobachtung der Robben?

Ich muss leider sagen, dass 2024 für mich, zumindest auf Sylt, ein sehr schwaches Robben-Jahr mit nur sehr wenigen Begegnungen war. Der beste Monat ist normalerweise der November, wenn die Saison zu Ende ist und nicht mehr so viele Menschen an den Stränden unterwegs sind, aber wenn ich mich da so zurückerinnere hat’s viel geregnet und war meistens einfach nur dunkel und grau, also nicht gerade das beste Wetter zum Fotografieren. Oft war ich leider auch zur falschen Zeit am richtigen Ort und hab dann nur noch Spuren von Robben im Sand gesehen. Aber auch Misserfolge gehören zur Wildtierfotografie dazu. Mehr als entschädigt wurde ich dafür, als ich kurz vor Weihnachten ein paar Tage auf Helgoland war und dann auf der Düne die Geburt einer kleinen Kegelrobbe miterleben durfte.

Kegelrobben-Baby von Helgoland, Foto Simon Schwede
Kegelrobben-Baby von Helgoland, Foto Simon Schwede

5. Welche Herausforderungen begegnen Ihnen bei der Tier- und Naturfotografie auf Sylt?

Im Idealfall ist man gerade bei der Wildtierfotografie als Fotograf mit den Tieren alleine und kann ungestört arbeiten. Das ist auf einer so kleinen Insel mit relativ viel Tourismus aber natürlich eher schwierig, weil man im Prinzip nie so ganz alleine ist. Ich werde schon relativ häufig angesprochen wenn ich unterwegs bin, weil so ein großes Objektiv natürlich auffällt und die Leute dann interessiert, was ich mache, was es zu fotografieren gibt, ob ich das professionell mache, usw. Und auch wenn dadurch immer wieder mal nette Gespräche zustande kommen, und ich da natürlich auch niemandem böse bin, sorgt sowas regelmäßig dafür, dass gerade scheue Tiere dann verschwinden, weil sie sich dadurch gestört fühlen. Ein weiterer Punkt ist, ein gewisses Dauerthema auf der Insel, dass doch leider sehr viele Hundehalter die Leinenpflicht missachten. Ob am Ellenbogen, oder während der Brut- und Setzzeit in den Wiesen, am Rantumbecken…

Seehund , Foto Simon Schwede
Seehund , Foto Simon Schwede

6. Fotografieren Sie neben Robben auch andere Tiere oder Landschaften? Gibt es Motive, die Sie besonders reizen?

Ja klar, ich bin da gar nicht so wählerisch. Kein Tier ist „sicher“ vor mir. Im Herbst und Winter bin ich überwiegend am Strand unterwegs, wo mein Fokus dann schon eher auf Robben liegt, aber auch mit Sanderlingen (Strandläufer) und Steinwälzern gibt’s da immer wieder schöne Situationen. Ab April/Mai bin ich dann viel in den Wiesen und am Rantumbecken und fotografiere z.B. Rehe, Feldhasen, Kiebitze, Löffler oder auch mal einen Marderhund und was da sonst noch alles so rumläuft oder -fliegt. Alle Arten aufzuzählen, würde hier doch etwas den Rahmen sprengen. Wie schon erwähnt, hat Sylt so viel zu bieten. Man muss nur mal genau hingucken.

Reh in den Tinnumer Wiesen, Foto Simon Schwede
Reh in den Tinnumer Wiesen, Foto Simon Schwede

Um meine absoluten Lieblingsmotive vor die Linse zu kriegen, muss ich dann aber schon meine Urlaube in Anspruch nehmen, das sind nämlich Wale und Delfine, insbesondere Orcas, und bis auf den kleinen Schweinswal ist hier in der Nordsee ja leider eher wenig los.

Was Landschaftsfotografie angeht, da versuch ich schon immer wieder mal was, aber so richtig überzeugt bin ich da von meinem Können nicht. Da gibt es auf Sylt doch einige Fotografen, die mir da Lichtjahre voraus sind.    

7. Warum ist Ihnen der Schutz der Sylter Natur und der ungestörte Lebensraum der Tiere so wichtig?

Die Frage könnte ich rein theoretisch in einem Satz beantworten: Was man liebt, das will man (be-)schützen.

Das gilt für die Natur, genauso wie für die Tiere.

Es gibt ja schon eine sehr positive Entwicklung in Sachen Naturschutz auf Sylt in den letzten Jahren, soweit ich das mitbekomme und ich habe auch das Gefühl, dass es immer mehr ins Bewusstsein der Menschen eindringt, dass wir was tun müssen. Und Naturschutz, zumindest im kleinen Rahmen, kann so einfach sein. Früher wurde man noch belächelt, wenn man am Strand Müll gesammelt hat und heute ist das fast schon normal. Wenn jetzt noch alle Raucher Aschenbecher benutzen würden (und ja, ich habe selbst mal geraucht und war da auch nicht besser) und alle Spaziergänger auf den Wegen bleiben würden, wären wir schon ein ganzes Stück weiter.

Seehund, Foto Simon Schwede
Seehund, Foto Simon Schwede

Aber zurück zu den Tieren, und vor allem zu den Robben.

Wenn Robben an den Strand kommen, tun sie das ja in der Regel, um sich auszuruhen. Den ganzen Tag durch die Gegend schwimmen ist natürlich anstrengend, gerade wenn es mal etwas stürmischer ist. Wir können ja auch nicht den ganzen Tag pausenlos laufen. Der einzige Ort, wo die Robben hier wirklich ungestört liegen können, ist, abgesehen von den vorgelagerten Seehundsbänken, Uthörn. Wenn dann eine Robbe aber mal auf Wanderschaft ist, die Küste entlangschwimmt, irgendwo an den Strand kommt, um sich auszuruhen und dann sofort Menschen mit ihren Smartphones auf sie zustürzen um auch ja ein Beweisfoto für Zuhause zu haben, bedeutet das viel unnötigen Stress für das Tier, das sich ja eigentlich gerade ausruhen will/muss. Der Strand gehört nunmal nicht alleine uns Menschen, sondern er gehört zum natürlichen Lebensraum der Robben dazu und es wäre schön, wenn wir das einfach akzeptieren und vor allem auch respektieren könnten. Nicht jede Robbe, die irgendwo liegt, muss unbedingt „gerettet“ werden.

Was viele ja auch nicht wissen, ist dass Seehunde im Sommer geboren werden und dann nur 6 Wochen lang bei der Mutter bleiben und danach selbstständig umherziehen. Wenn man hier also im Herbst/Winter einem kleinen Seehund begegnet, ist das kein alleingelassener Heuler mehr, der unbedingt Hilfe braucht. Oft genügt es einfach, ausreichend Abstand zu halten, den Fluchtweg zum Meer nicht zu versperren, also niemals zwischen Robbe und Wasser entlangzulaufen, sondern wenn möglich zwischen Robbe und Dünenkante, aus der Ferne zu gucken und sich einfach über die Sichtung zu freuen. Das geht auch ohne Handyfoto eines gestressten Tieres aus 2 m Entfernung.

Letztendlich sind die Tiere nicht für uns da, sondern mit uns, und haben genau so ein Recht auf Ruhe wie wir.

Zwei Seehunde, Foto Simon Schwede
Zwei Seehunde, Foto Simon Schwede

8. Welche Projekte, Ziele oder Visionen haben Sie für das kommende Jahr 2025?

In Bezug auf die Wildtierfotografie bin ich gar kein großer Freund davon, mir irgendwelche Ziele zu setzen, weil da einfach die Gefahr zu groß ist, am Ende enttäuscht zu sein, wenn etwas mal nicht klappt. Du kannst es halt nie wirklich beeinflussen. Natürlich kannst du jeden Tag rausgehen, aber wenn das Tier, das du unbedingt haben willst, nicht da ist, gehst du eben ohne Foto wieder nach Hause. Natürlich hoffe ich, meine Follower auf Instagram auch weiterhin mit schönen Bildern versorgen und vielleicht wieder ein paar Menschen zu einem bewussteren Umgang mit den Tieren und der Natur inspirieren zu können.

Da ich die Fotografie ja, wie erwähnt, nur hobbymäßig betreibe, kann ich da ja auch ganz entspannt rangehen, ohne Druck, unbedingt tolle Bilder machen zu müssen. Im Grunde genommen bin ich nur ein Junge, der rausgeht und das Leben genießt.

Ein kleines Projekt, dass sich bei mir aber immer so durchs ganze Jahr zieht, ist das Erstellen eines Wildtierkalenders, mit Bildern von Sylter Wildtieren und Bildern, die ich im Urlaub mache, den ich dann in geringer Stückzahl drucken lasse, und vielleicht wird es da für 2026 auch zusätzlich mal einen limitierten Robbenkalender geben. Schauen wir mal, was die Zukunft so bringt.

9. Sind sie fernab der Kamera ein geduldiger Mensch?

Nach außen hin bemühe ich mich, aber wie es in mir drinnen aussieht, das weiß ich oft selbst nicht… (lacht)

Über Simon Schwede:
Alter: 38
Geburtsort: Hamburg
Wohnort: Westerland

Alle Fotos: Copyright Simon Schwede
Herzlichen Dank für dieses Interview lieber Simon.
Das Interview führte Stefan Kny.

Interessiert an weiteren bzgl. Natur? Herzmuschel, Seesterne,  unechte Karettschildkröte und Queller haben wir schon im Archiv.

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