Samstag, September 13, 2025

Valeska Gert – vom „Ziegenstall“ in Kampen zur Pionierin der Performance

Intro

Wer heute durch Kampen spaziert, stößt auf eine Kunststele, die an den legendären „Ziegenstall“ erinnert – jenen Nachtclub, den Valeska Gert 1951 auf Sylt eröffnete. Heu, Melkständer, Holzstühle – der Name war Programm. Die Gäste, so der selbstironische Anspruch, sollten wie Ziegen „gemolken“ und zum Blöken gebracht werden. Doch hinter dieser rustikalen Maskerade stand eine der radikalsten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts. Wir empfehlen den Besuch im Sylt Museum. Zur aktuellen Ausstellung: Der Ziegenstall in Kampen

Aktuelle Ausstellung im Sölring Museum in Keitum

Gastgeberin statt Hauptattraktion

Im „Ziegenstall“ überließ Gert die Bühne den Kellnerinnen und Kellnern, die zugleich als Performer auftraten – eine Mischung aus Bewirtung, Kabarett und Happening, lange bevor dieser Begriff in den Kunstkanon einzog. Sie selbst trat nicht auf, doch ihre Aura prägte jeden Winkel des Raumes. Der Club wurde ein Treffpunkt für Sommergäste, Künstler und Neugierige, die etwas anderes suchten als die mondäne Inselroutine.

Die Wurzeln: Grotesktanz und Provokation

Dass Gert sich auf Sylt als Gastgeberin inszenierte, hatte ihre eigene Logik: Sie war es gewohnt, Räume zu verwandeln. Schon in den 1920er Jahren sprengte sie in Berlin die Grenzen des Tanzes. Statt klassischer Anmut zeigte sie Boxkämpfe, Maschinengeratter oder den Akt der Prostitution als Bewegungsstudien – skandalös und wegweisend zugleich. Sie machte sichtbar, was sonst im Schatten blieb, und erfand damit eine Kunst, die zwischen Tanz, Kabarett und Gesellschaftssatire oszillierte.

Exil und Rückkehr

1933 zwang das NS-Regime sie ins Exil. In London und New York eröffnete sie Bars und Clubs, in denen Arme und Künstler gleichermaßen Platz fanden – ein gelebtes Manifest gegen Exklusivität. Nach dem Krieg kehrte sie nach Deutschland zurück, und der „Ziegenstall“ wurde zu ihrem vielleicht persönlichsten Projekt: eine Bühne ohne feste Dramaturgie, getragen vom Improvisierten, Grotesken und Unberechenbaren.

Erbe einer Unbequemen

Bis zu ihrem Tod 1978 blieb Valeska Gert auf Sylt. Der „Ziegenstall“ steht heute nicht nur für eine schräge Episode der Inselgeschichte, sondern auch für Gerts künstlerisches Prinzip: Das Alltägliche in Kunst zu verwandeln, das Groteske sichtbar zu machen, die Rollen von Künstler und Publikum neu zu definieren. In vielem war sie eine Vorläuferin der Performance-Kunst – lange bevor diese ihren Platz in den Museen fand.

Wir empfehlen den Besuch im Sylt Museum. Zur aktuellen Ausstellung: Der Ziegenstall in Kampen

Tipp Besuchen Sie die Ausstellung im Sölring Museum
Tipp Besuchen Sie die Ausstellung im Sölring Museum

Fotos vor und im Sölring Museum von Stefan Kny

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Stefan Kny
Stefan Kny
Stefan Kny ist Verleger, Journalist und Chefredakteur. Auf syltexklusiv.com schreibt er mit Begeisterung über das, was ihn bewegt: von Ausstellungen und Autotests bis hin zu neuen Themenwelten, die auf Sylt beginnen – oder dort ihre ganz eigene Tiefe entfalten.

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